Wem gehört der Nil? Wie ein Megastaudamm das Horn von Afrika aufmischt
Shownotes
Host: Felix Hoffmann, Marie Löwenstein Mitarbeit: Angelika Fey, Quentin Pehlke, Kathrin Becker, Kevin Gremmel
Eine Karte der Nil-Region finden Sie HIER
Äthiopien ist jetzt die Macht am Nil
Äthiopiens neue Börse soll zum Weckruf werden
[Erderwärmung: Klimakollaps mit Wasserkraft abwenden] (https://www.faz.net/pro/weltwirtschaft/weltwissen/erderwaermung-wir-koennen-den-klimakollaps-noch-a…
Hören Sie unsere exklusiven Podcast-Folgen auf Apple Podcasts, FAZ.NET oder in der FAZ-App und erhalten Sie Zugriff auf alle Artikel: Testen Sie FAZ+ jetzt 3 Monate lang für nur 1 € im Monat – hier geht’s zum Angebot.
Mehr über die Angebote unserer Werbepartner finden Sie HIER.
Transkript anzeigen
00:00:07: Am neunten September, zweitausendfünfundzwanzig beginnt am Horn von Afrika eine neue Ära.
00:00:12: Zumindest aus Sicht des zweitbevölkerungsreichsten Landes des afrikanischen Kontinents, Ethiopien.
00:00:18: Mit der Eröffnung des Grand Ethiopian Renaissance Dam oder kurz Gert will Ethiopien sich neu erfinden.
00:00:24: Trotz seiner stolzen, langen und reichen Geschichte leiden die Menschen dort unter Armut und immer wieder aufflammender Gewalt.
00:00:32: Der Mega-Staudam soll das ändern, sagt der äthiopische Ministerpräsident Abi
00:00:36: Ahmed.
00:00:40: Wir werden unseren Strombedarf mit einer der saubersten Energiequellen denken.
00:00:43: Wir können es uns nicht weiter leisten, zu den Dunkeln sitzen zu lassen.
00:00:52: Aber flussabwärts in Ägypten und in Sudan blickt man mit großem Misstrauen auf das Projekt.
00:00:59: Der ägyptische Präsident Abdel Fattah als Sisi schlägt einen drohenden Ton an.
00:01:06: Ich sage ihnen und ich sage unseren Brüdern in Äthiopien, lassen sie uns nicht an einen Punkt
00:01:11: gelangen,
00:01:12: an dem sie auch nur einen Tropfen des Wassers von Ägypten anfassen.
00:01:16: Denn alle Optionen
00:01:17: liegen
00:01:17: auf dem Tisch.
00:01:18: Alle Optionen.
00:01:22: Vordergründig geht es um das Nilwasser, eine Lebensader für alle Anreinerstaaten des womöglich längsten Flusses der Welt.
00:01:30: Taucht man aber tiefer ein, dann geht es um viel mehr, um Politik, um Identität und um Macht.
00:01:36: In der Region wird mit den Sebeln gerasselt und das ohnehin unruhige Horn von Afrika könnte von einer weiteren Konfliktdynamik erfasst werden.
00:01:43: Die Frage lautet, wem gehört der Nil?
00:01:46: Wie weit würden Kairou und Addis Ababa gehen, um diesen Streit für sich zu entscheiden?
00:01:51: Und was bedeutet das für die Krisen und Konflikte in der Region von Sudan über Eritrea, Somalia und nicht zuletzt Äthiopien selbst?
00:01:59: Darüber sprechen wir heute am elften Oktober, bei Machtprobe, dem Auslands-Podcast der FAZ.
00:02:05: Mein Name ist Marie Löwenstein und bei mir ist Felix Hoffmann.
00:02:08: Er hat die Sendung heute recherchiert.
00:02:10: Hallo Felix, schön, dass du da bist.
00:02:12: Hallo Marie, schön, da zu sein.
00:02:13: Felix, dieser Staudamm, der klingt ja nach einem Riesenprojekt mit großen Auswirkungen auf die Regionen.
00:02:20: Erklär mir doch erst mal, was ist das, dieser Gerd Gerd, wie sagt man?
00:02:23: Ich würde sagen Gerd, weil es ja eine englische Bezeichnung, aber ja, wir eindigen uns auf Gerd, würde ich sagen.
00:02:28: Also, der Grand-Ethiopian Renaissance Dam, kurz eben Gerd.
00:02:33: Der ist für Äthiopien wirklich die Verwirklichung eines Jahrzehnte-Alten-Traums.
00:02:38: Seit Jahrzehnten wird daran gebaut, die Pläne gibt es tatsächlich schon viel, viel länger.
00:02:43: Es ist der größte Staudam auf dem afrikanischen Kontinent, hundred und vierzig Meter, ist die Staumauer hoch.
00:02:49: Und das Staubecken dahinter ist in etwa doppelt so groß wie die Fläche von Berlin.
00:02:54: Also, es hat einfach irre Ausmaße.
00:02:57: Warum das Ganze?
00:02:58: Mit dem Damm soll Strom produziert werden, und zwar jede Menge.
00:03:02: Ungefähr fünf bis sechs Tausend Megawatt im Jahr.
00:03:05: Das entspricht so Pimal-Daumen vier modernen Atomkraftwerken.
00:03:09: Und für Äthiopien hat das natürlich erst mal sehr positive wirtschaftliche Auswirkungen, hat mir Gerrit Kurz erzählt.
00:03:16: Er ist Konfliktforscher bei der Stiftung ... Wissenschaft und Politik und beschäftigt sich mit dem Horn von Afrika und der Region.
00:03:23: Wirtschaftlicher Hinsicht klar soll natürlich das bei der Industrialisierung.
00:03:29: helfen.
00:03:29: Und ganz stark eben, wo Haushalte, also Privathaushalte irgendwie grundsätzlich mit Stromversorgung als auch Industrie anziehen, auch ausländische Industrie natürlich, die davon profitieren kann.
00:03:43: Und weiterhin soll es auch dem Export von Strom dienen in die Nachbarländer wie Kenya und Tanzania.
00:03:52: Und da kann halt Idiom hin auch von profitieren.
00:03:56: Also von der Verkauftes Stroms einerseits im Land, aber eben auch außerhalb des Landes.
00:04:04: Durch den Export.
00:04:05: und Äthiopien braucht
00:04:06: auch
00:04:06: ausländische Deviesen und die bekommt es eben dann auch durch diesen Stromexport.
00:04:11: Okay, Äthiopien wird also zu so einem Art Wasserkraftwerk für die Region.
00:04:15: Elektrifizit sich selbst, verkauft noch Strom ins Ausland, gehört dann quasi das Ticket in die wirtschaftliche Zukunft des Landes, kann man das so sagen?
00:04:23: Also, ich denke, das ist auf jeden Fall die große Hoffnung.
00:04:25: Und bitter nötig wäre es auch, denn trotz starkem Wirtschaftswachstum in den letzten zwanzig Jahren ungefähr ist Äthiopin immer noch ein sehr armes Land.
00:04:32: Und jedes Jahr drängen zwei Millionen junge Äthiopier und Äthiopierinnen in den Arbeitsmarkt.
00:04:38: Sehr junge Bevölkerung.
00:04:39: Sehr junge Bevölkerung, die natürlich alle Jobs suchen.
00:04:42: Es gibt also großes Potenzial für Unternehmen, dort auch günstig zu produzieren, zum Beispiel, wenn eben die Infrastruktur stimmt und es günstigen Strom gibt, Stichwort Stauder.
00:04:52: Neben dem wirtschaftlichen Aspekt ist aber noch etwas ganz anderes sehr wichtig.
00:04:57: Und darüber habe ich gesprochen mit Murithi Mutiga.
00:05:00: Er ist Programmdirektor für Afrika bei der International Crisis Group mit Sitz in Nairobi, Kenya.
00:05:08: Äthiopien
00:05:10: ist ein Land des Widerspruchs.
00:05:11: Es hat eine reiche Geschichte, eine eigene Sprache, eine eigene Schrift.
00:05:16: Sie haben alle Eroberer zurückgeschlagen.
00:05:18: Es ist das zweitbevölkerungsreiste Land auf dem Kontinent.
00:05:21: Aber gleichzeitig eines der ärmsten Länder in Afrika, mit einem der niedrigsten pro Kopf-Einkommen.
00:05:27: Dieser Staudam wird also als transformatives Projekt gesehen und ist eine Quelle großen Stolzes.
00:05:33: Die Menschen hoffen, dass Ethiopien damit den Platz bekommt, den es verdient, als ein großes Land, das zu seiner Stärke zurückfindet.
00:05:44: Ja, und was ich in diesem Zusammenhang wirklich sehr interessant finde, ist auch, wie der Damm Tatsächlich dann finanziert wurde, also rund fünf Milliarden Dollar soll das Projekt gekostet haben.
00:05:54: Und dieses Geld, das kam größtenteils aus Äthiopien selbst und auch von den Bürgerinnen und Bürgern, hat mir Gerrit Kurz von der SWP erklärt.
00:06:02: Es ging nie nur um diesen wirtschaftlichen Aspekt, sondern es ging immer auch darum, ein so großes Projekt auf die Beine zu stellen.
00:06:13: Und in der Tat Teil davon ist, dass die Finanzierung nicht durch internationale Quellen bekommen ist, weil internationale Geber da sehr skeptisch waren, sondern ganz überwiegend eben durch einheimische Quellen, also durch den hübschen Staat und auch durch viele Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen, die da alle Leinen gezeichnet haben.
00:06:35: Und das ist natürlich dann umso mehr nochmal ein Projekt des nationalen.
00:06:39: Stolz ist, dass man das auch ohne.
00:06:41: Entwicklungszusammenarbeit, Hilfe oder so geschafft hat.
00:06:44: Okay, das ist wirklich spannend.
00:06:45: Da haben sich ganz normale Menschen armreich eingekauft.
00:06:49: Genau, und das nicht nur mit Geld.
00:06:51: Sie haben teilweise auch Lebensmittel aus ihrer Landwirtschaft zur Verfügung gestellt.
00:06:55: Studenten haben tageweise auf das subventionierte Kantineessen verzichtet und Beamte auf Teil ihres Gehalts.
00:07:03: Man sieht dieser Staudamen, das ist ein Projekt, das die Äthiopierinnen und Äthiopier zusammenbringt.
00:07:08: Übrigens eines der wenigen in einem ... in dem es sehr viele interne Konflikte gibt.
00:07:13: Insofern hat das eine gesellschaftspolitische Dimension.
00:07:17: Von den Konflikten ließ man immer wieder.
00:07:20: Etiobien verspricht sich jetzt einen großen Nutzen von diesem Staudern.
00:07:23: Betroffen sind ja aber wahrscheinlich auch die Länder flussabwärts.
00:07:26: Allerdings.
00:07:26: Welche sind das und wie finden die das Projekt?
00:07:29: Ja, also da gibt es sehr, sehr große Vorbehalte, um es mal vorsichtig zu sagen.
00:07:33: Vielleicht ist an dieser Stelle mal ein kurzer Blick auf die Karte hilfreich.
00:07:38: Ich hab dir hier mal eine mitgebracht.
00:07:40: Danke.
00:07:41: Und Sie, liebe Hörerinnen und Hörer, Sie finden die in den Show-Notes.
00:07:44: Und ich empfehle Ihnen wirklich, Wärmstens da mal kurz draufzuklicken.
00:07:48: sehr hilfreich fürs Verständnis.
00:07:51: Da sieht man auf jeden Fall der Niel, der speist sich im Großen und Ganzen aus zwei Flüssen.
00:07:55: Einmal dem weißen Niel, der aus Uganda kommt.
00:07:58: Und dann aus dem blauen Niel, der aus Äthiopien kommt und um den es heute eben gehen soll.
00:08:04: Denn dieser blauen Niel, der ist der deutlich wichtigere Zustrom.
00:08:07: Da kommt einfach ein ganz großer Teil des Wassers, das dann letzten Endes im Niel landet, kommt aus dem blauen Niel und damit aus Äthiopien.
00:08:15: Und der fließt eben von Äthiopien, wie man auf der Karte sehen kann, durch Sudan und Ägypten ins Mittelmeer.
00:08:21: Und in einer idealen Welt sozusagen, in der man sich einfach einigen würde, auf ein gemeinsames Management des Nils, könnten auch Ägypten und Sudan, die Länderfluss abwärts, großen Nutzen aus diesem ... Damm ziehen.
00:08:35: Und für Sudan hat mir das Gerrit Kurz folgendermaßen erklärt.
00:08:39: Aber man hat dann schon auch erkannt in Sudan, dass es eigentlich auch einen großen Nutzen geben kann durch den Staudamm.
00:08:46: Einerseits auch durch Strom-Export, Prostitutin, der eben da mitproduziert wird, aber auch dadurch, dass es eine bessere Regelung des Wasserflusses am Blauen nie geben könnte.
00:08:58: Weil Sudan leidet unter ... Saisonalen Fluten, immer wenn es stark regnet in der Regenzeit, gab es dann Überschwemmungen in bestimmten Landesdahlen.
00:09:09: Und die haben zwar selber auch Dämme, aber die sind relativ klein und die konnten das sozusagen auch nicht ausreichend managen.
00:09:16: Und der Gott ist eben viel viel größer und kann dabei eben auch helfen.
00:09:19: Und was ist mit Ägypten?
00:09:21: Auch Ägypten könnte profitieren, beispielsweise indem man dann günstig Lebensmittel aus Sudan importieren kann.
00:09:27: Da hat nämlich Ägypten tatsächlich ein großes Problem.
00:09:29: Ägypten muss mehr als die Hälfte seiner Lebensmittel importieren.
00:09:33: Das ist ein riesiger Kostenfaktor auch für die Regierung.
00:09:37: Und auch von dem günstigen Strom aus Äthiopien könnte man in Ägypten theoretisch profitieren, wenn man sich denn einigen könnte.
00:09:43: Und das kann man nicht.
00:09:45: Man hat das versucht, jahrelang wurde da verhandelt, aber letztendlich ohne Ergebnis.
00:09:50: Gerrit Kurz hat mir erklärt, warum.
00:09:52: Es ist vor allem da gescheitert, dass Ägypten und Äthiopien von ihren jeweiligen Maximarpositionen nicht abgewichen sind.
00:10:01: Da sieht man eben auch, dass es nicht nur um die Aufteilung von Wasser geht, sondern es geht eben auch um regionale Vormarktstellung.
00:10:12: wer sozusagen auch das Recht hat, das Nilwasser zu nutzen.
00:10:17: Ja, Ägypten, hat Gerrit erzählt, beruft sich bei der Wassernutzung auf Verträge aus der Kolonialzeit.
00:10:23: Da waren die Briten, die Kolonialherren, und haben eben Abkommen geschlossen, die ein Großteil des Nilwassers, Ägypten, und dann einen kleineren Teil Sudan zugesprochen haben.
00:10:34: Ende der Fünfziger, also nach der Unabhängigkeit haben Sudan und Ägypten dann als unabhängige Staaten ein ähnliches ... Abkommen unterzeichnet.
00:10:43: Und Äthiopien wurde nie wirklich kolonialisiert.
00:10:46: Nur für eine ganz kurze Zeit war es teilweise von den Italienern besetzt.
00:10:50: Und das hat dazu geführt, dass Äthiopien ... von Anfang an da nicht mit am Verhandlungstisch saß.
00:10:55: Sie haben einfach nichts abbekommen von dem Nihilwasser, was ja zum großen Teil aus ihrem Hochland kommt.
00:11:02: Und das sieht Äthiopien natürlich überhaupt nicht ein, dass sie nicht von diesem Wasser profitieren sollen, was aus ihrem Land sozusagen talabwärts strömt.
00:11:11: Und Addis Abeba, die Hauptstadt von Äthiopien, erkennt diese Verträge dementsprechend auch nicht an.
00:11:17: Umgekehrt ist es natürlich so, dass Äthiopien am längeren Hebel sitzen.
00:11:22: Sie sitzen am Oberlauch.
00:11:24: Und die wollen sich eben auch nicht reinreden lassen.
00:11:27: Die wollen auch diese Vormachtstellung ausbauen und sagen auch, zumindest auch gefühlt gegen jahrelange oder jahrzehntelange unterschiedliche Machtgleichgewicht vielleicht in der Region vorgehen.
00:11:39: damit so.
00:11:40: Deswegen will man sich jetzt von Ägypten auch nicht diktieren lassen, wann denn jetzt ein Dürre sei oder was jetzt verbindlich sein müsste so.
00:11:47: Sondern man ist grundsätzlich bereit, unverbindlich miteinander zu reden.
00:11:51: Und es fanden ja auch Gespräche statt.
00:11:53: dass die gerade auch auf Wassermindester-Ebene nicht miteinander reden würden, die drei Länder.
00:11:58: Aber man ist eben nicht bereit, sich in Aduz-Aweba auf diese Art von Abkommen einzulassen, die Ägypten wollte.
00:12:06: Man sieht also, Ägypten und Äthiopien stehen sich da ziemlich unversöhnlich gegenüber.
00:12:11: Sudan klemmt geografisch und politisch irgendwie in der Mitte.
00:12:15: Und ich denke, im Kern ist das Problem ... dass für all diese Länder der Niel einfach absolut überlebenswichtig ist.
00:12:21: Also, da geht es wirklich um die Existenz.
00:12:23: Und warum?
00:12:24: Das haben meine Kollegen Quentin Pelke und Angelika Pfeiffer uns zusammengefasst.
00:12:31: Ein gewaltiges Feuerwerk.
00:12:33: Dem äthiopischen Ministerpräsidenten Abi Ahmed laufen Freudentränen über die Wangen.
00:12:37: Anfang September leutet die Eröffnung des Grand Ethiopian Renaissance Dam, kurz GERD, für sein Land eine neue Ära ein.
00:12:49: Ein Symbol der Eigensständigkeit
00:12:50: auf
00:12:50: unserem Kontinent, ein Symbol der Einheit unter sauberen Energie, mehr als fünftausend Megawatt erneuerbarer Strom, der den Weg beleuchtet für Äthiopien
00:12:59: und Ostafrika.
00:13:01: Was
00:13:06: in Äthiopien für große Freude sorgt, wird in Ägypten flussabwärts am anderen Ende des Nils als existenzielle Bedrohung gesehen.
00:13:14: Wie überlebenswichtig der Fluss für Ägypten
00:13:16: ist,
00:13:17: sieht man vor allem im fruchtbaren Niheldelter.
00:13:21: Hier mündet der Strom ins Mittelmeer, hier schlägt das Herz der ägyptischen Landwirtschaft.
00:13:26: Wenige Stunden mit dem Schifffluss aufwärts liegt Cairo, die Hauptstadt Ägyptens.
00:13:32: Fast zehn Millionen Einwohner versorgt der Nil hier mit Wasser.
00:13:36: Fährt man weiter den Fluss hinauf, mit der Metropole im Rücken, legt der Nil gebettet in einen schmalen, grünen Streifenland.
00:13:44: Achtneinzig Prozent der Ägypter leben hier, denn die restlichen, über neunhunderttausend Quadratkilometer des Staatsgebiet sind Wüste.
00:13:53: So ist der Nier seit Jahrtausenden, der Dreh- und Angelpunkt von Zivilisation, Kultur und Wirtschaft.
00:14:00: Schon der griechische gelehrte Herodot, bezeichnete Ägypten als Geschenk des Niers.
00:14:05: Von klein auf lernt jedes Kind, wie wichtig der Fluss ist.
00:14:08: Über den Helden eines beliebten Kinderkartons wird gesungen.
00:14:12: Mit Herz und Seele ist er Ägypter.
00:14:14: In seinen Adern fließt der Nier.
00:14:24: Pferd man weiter Richtung Süden, nähert man sich Azuan.
00:14:28: Eine gewaltige Staumauer erhebt sich in der Landschaft.
00:14:31: two bauten die Briten hier den ersten Damm.
00:14:34: Sie wussten, wer den Nil kontrolliert, kontrolliert die
00:14:38: Ernte.
00:14:38: Vor allem wichtig war das für ihre eigene Baumwolle.
00:14:41: Später entstand, mit finanzieller Unterstützung aus der Sowjetunion, ein noch größerer Damm.
00:14:46: Baubeginn, Weiter flussaufwärts liegt der Sudan.
00:15:07: Der Nil wird schmaler, es ist eine extrem regenarme Gegend.
00:15:10: Auch in Sudan lebt deshalb ein Großteil der Bevölkerung entlang des Nils.
00:15:14: Wie in Ägypten ließ der Nil hier einst eine Hochkultur entstehen.
00:15:18: Das Reich von Kush, wichtige Rivalen der Pharaonen.
00:15:24: In der sudanesischen Hauptstadt Kathun treffen sich zwei Arme des Nils, der blaue und der weiße Nil.
00:15:30: Der weiße Nil entspringt im Victoriasee in Uganda.
00:15:33: Weil Seen und Sympfe unterwegs ein Großteil der Sedimente herausfiltern, führt er weniger Schwebstoffe.
00:15:39: Das Wasser wirkt heller, milchig-grau.
00:15:42: Sein Bruder, der blaue Niel, entspringt dem Tarnasee in Äthiopien.
00:15:46: Vor allem in der Regenzeit bringt er nicht nur große Wassermassen mit sich.
00:15:49: Fünfundachtzig Prozent des Nielwassers kommt aus dem blauen Niel.
00:15:53: Auch all die Nährstoffe, die die Uferlagen so fruchtbar machen, stammen aus dem blauen Niel.
00:15:59: Folgt man den blauen Niel Richtung Südosten, erreicht man die Grenze zu Äthiopien.
00:16:03: Kurz dahinter ragt der Grand Ethiopian Renaissance Dam in den Himmel.
00:16:08: Mit dem Bauwerk will das Land endlich seine immensen Wasserressourcen, sein blaues Gold, für die eigene Bevölkerung nutzbar machen.
00:16:16: Auch in Äthiopien wird der Nil deshalb als Hoffnungsträger besungen.
00:16:23: Versetz bedeutet das so viel wie... Blauer Nil, lass das Land gepflückt werden, lass die Bauern ihre Samen sehen.
00:16:29: Fließe zum Damm, erhelle die Dunkelheit, lass die Armut von unseren Schultern weichen.
00:16:39: Ja, da wird einem echt klar, wie unverzichtbar dieser Niel ist und wie der Eng der Fluss auch mit der jeweiligen Identität des Landes verstritt ist.
00:16:46: Felix, du warst ja auch mal in Ägypten, wenn ich mich richtig erinnere.
00:16:48: Hast du das auch da so mitgekriegt, wie wichtig das ist?
00:16:51: Ja, stimmt.
00:16:51: Ich hab ein Semester in Ägypten studiert und ja, der Niel fließt mitten durch Cairo.
00:16:57: Man überquert ihn irgendwie jeden Tag, steht zwei Stunden im Stau auf der Brücke im Zweifel und schaut auf das Nielwasser.
00:17:04: Also ja, der Niel ist natürlich eng verbunden mit der ägyptischen Identität.
00:17:08: Und das ist auch wirklich ein Punkt, den ich immer wieder gehört habe in meinen Gesprächen.
00:17:12: Weil reintechnisch gesehen ließen sich da durchaus Lösungen finden, was jetzt die Wasserverteilung angeht.
00:17:19: Und es handelt sich beim Girt ja auch um ein Wasserkraftwerk.
00:17:23: Also der Sinn ist ja gerade, dass Wasser hindurch fließt, damit man Strom produzieren kann.
00:17:28: Es geht nicht darum, den Fluss komplett zu stauen.
00:17:31: Also den
00:17:31: Hahn abzudrehen oder so, das wollen die gar nicht.
00:17:33: Genau, auf keinen Fall.
00:17:34: Es geht darum, die Turbinen zu betreiben, um Strom zu produzieren.
00:17:37: und die ägyptische Sorge, dass kein Wasser mehr in Ägypten ankommt.
00:17:40: Die ist, würde ich jetzt sagen, so ein bisschen übertrieben, ohne jetzt jemandem zu nahe treten zu wollen.
00:17:48: Und auch das Befüllen des Staubeckens über mehrere Jahre, das hat große Sorgen ausgelöst in Ägypten, aber es hat gar nicht mal so merklich dazu geführt, dass es irgendwie niedrigere Flussstände gegeben hätte in Ägypten.
00:18:00: Das war auch ein bisschen Glück, denn es hat viel geregnet in dieser Zeit.
00:18:04: Aber auf der anderen Seite, dass Ägypten da so sensibel ist, das hat auch Gründe.
00:18:07: Laut der UN herrscht Wasserknappheit, wenn weniger als tausend Kubikmeter Wasser pro Kopf und Jahr zur Verfügung stehen.
00:18:15: Das ist so die Linie, die die UN da ziehen.
00:18:17: Und in Ägypten sind es mittlerweile nur noch knapp fünfhundert Kubikmeter pro Jahr und Kopf.
00:18:23: Also die Lage ist wirklich kritisch, was das Wasser angeht.
00:18:27: Und da richten die Ägypter so ein bisschen einen sorgenvollen Blick in die Zukunft, denn fraglich ist, ob es bei diesem einen Damm in Äthiopien bleibt oder ob da nicht noch mehr dazukommen, sagt Murithi Mutiga von der Crisis Group.
00:18:44: Es gibt keinerlei Beweise dafür, dass es flussabwärts zu niedrigen Flusspiegeln kommt.
00:18:49: Auch nicht in den vergangenen Jahren, in denen das Staubecken gefüllt wurde.
00:18:53: Aber die Angst in Sudan und vor allem auch in Ägypten ist, dass Äthiopien weitere Dämme bauen könnte.
00:18:59: Dieser Damm hat rund sechstausend Megawatt Kapazität, aber das Potenzial in Äthiopien insgesamt liegt näher bei fünfvierzigtausend Megawatt.
00:19:09: Es geht also um die Frage, wie viel Wasser durch den Damm geleitet wird, also jetzt und in der Zukunft.
00:19:16: Aber wir haben gehört, dass der Niel auch sehr wichtig war und es für die Geschichte und die Identität der Anreiner starten.
00:19:22: Welche Rolle spielt denn diese Softenfaktoren bei diesem
00:19:27: Konflikt?
00:19:28: Also diese Softenfaktoren werden in diesem Konflikt tatsächlich sehr, sehr hart und spielen eine superzentrale Rolle.
00:19:34: Das hat mir auch Morithi erzählt.
00:19:41: Es ist sehr wichtig, den psychologischen Faktor anzuerkennen.
00:19:44: In den meisten Flussbetten ist das Land der Hegemon, das an der Quelle des Flusses liegt.
00:19:49: Der Nier, der mit über sechstausend Kilometern sehr lang ist, ist einer der wenigen Flüsse, wo das anders ist.
00:19:55: Hier war das Land am Ende des Flusses, Ägypten, über Jahrhunderte der Hegemon.
00:19:59: Ägypten sieht sich als die große Macht am Nier.
00:20:02: Ausdruck davon war auch der Bau des Aswandams vor einigen Jahrzehnten.
00:20:06: Das war ein sehr großer Schritt.
00:20:13: Ja, Ägypten war also über Jahrhunderte lang der König Amnil und sieht sich auch heute noch ganz klar in dieser Rolle.
00:20:19: Aber Äthiopien ist natürlich der Staat an der Quelle dieses Flusses.
00:20:25: und sieht sich deshalb auch als natürlicher Herrscher des Nielbeckens.
00:20:30: Schon in den Fünfzigerjahren hat der damalige Kaiser Highley Selassie Studien in Auftrag gegeben, um den Bau eines solchen Dams zu prüfen.
00:20:39: Aber dann gab es Bürgerkriege in Äthiopien, es gab gewaltsame Umstürze und sehr viel Chaos.
00:20:45: Und es wurde nichts aus den Plänen.
00:20:51: Aber Mitte der Jahrzehnte gab es einen jungen Ministerpräsidenten, Mele Senavi.
00:20:55: Der selbstbewusste Aufgetreten ist in einer relativ ruhigen Periode.
00:20:59: Ethiopien holte damals seine Pläne aus der Schublade.
00:21:02: In strenger Geheimhaltung hat Adis-Six sein sogenanntes Projekt X entwickelt und dann, zu Überraschung von allen, haben sie den Bau des Dams angekündigt.
00:21:12: Ich denke, das ist ein psychologischer Faktor.
00:21:15: Für Ethiopien hat es große Bedeutung, dass sie sich als die große Macht am Nil etablieren.
00:21:20: Und jetzt mit dem Gerd auch als regionaler Hegemon, zumindest mit Blick auf die Kontrolle des Wassers.
00:21:30: Aus etiopischer Sicht wird mit der Eröffnung dieses Staudams jetzt also schon auch ein Stück weit eine historische Ungerechtigkeit gerade gerückt.
00:21:41: Die Ethiopia,
00:21:42: die in einem Land ohne große natürliche Ressourcen leben, haben das Wasser des Nils immer als ihr blaues Gold angesehen.
00:21:48: Aber sie hatten schon immer daran zu knabbern, dass der Fluss, den sie in ihren Liedern besingen und in ihren Gedichten beschreiben, einfach nur ihre fruchtbare Erde flussabwärts
00:21:59: schrie.
00:21:59: Okay, das heißt, beide Länder leiden aus ihrer Geschichte bzw.
00:22:02: einfach von der Landkarte einen ziemlich absoluten Anspruch auf den Niel ab.
00:22:07: Genau, und diese grundsätzliche Positionen, die prallen eben aufeinander und führen auch zu sehr... polarisierten Meinungen in der Öffentlichkeit, und das macht natürlich ein Kompromiss, dann noch mal schwieriger, sagt Morithi.
00:22:25: Sie müssen die öffentliche Meinung in diesen Ländern mit in Betracht ziehen.
00:22:29: In Ägypten gibt es einen großen Druck, das Wasser des Nils zu kontrollieren.
00:22:33: Und es ist ein Schock, dass ein anderes Land diese Kontrolle übernehmen könnte.
00:22:37: Und in Äthiopien an der Kredde des blauen Nils gibt es sehr große öffentliche Unterstützung für ein Projekt, für das Menschen ihr Geld gegeben haben, die Früchte ihrer Arbeit gespendet haben und für das auch Geld aus dem Ausland gesammelt wurde.
00:22:49: Es ist ein emotionales Thema und die Parteien können nichts sachlich darüber sprechen, weil es so aufgeladen
00:22:55: ist.
00:22:59: Und so eine aufgeladene Stimmung, die wird auch politisch instrumentalisiert.
00:23:03: Kann man das auch in den beiden Ländern beobachten?
00:23:05: Absolut.
00:23:06: Die Regierungen in Cairo und in Addis sind nicht nur getrieben von der öffentlichen Meinung, sondern sie nutzen das auch ganz bewusst.
00:23:13: Es gibt sehr viel Desinformation und auch Panikmache.
00:23:16: Darüber hab ich mit Gerrit Kurz von der SWP gesprochen.
00:23:19: Letztendlich ist das bequem, für die ägyptische Regierung auf Äthiopien zu verweisen und auf den Bau des Dammens.
00:23:28: um abzulenken davon, dass sie selber vielleicht nicht ausreichend in die Wassersicherheit des eigenen Landes investiert haben und da selber genug tun, um die eigene Bevölkerung zu schützen bzw.
00:23:40: sagen, in Seltsungsanlagen zu bauen und andere Dinge zu tun, um andere Wasserquellen zu nutzen oder auch Wasser zu sparen.
00:23:47: Also Ägypten hatten auch einen viel höheren Prokopfverbrauch beispielsweise als Ägyptien und so.
00:23:52: Also man lenkt dadurch natürlich auch ab, indem man halt nur auf die externe Quelle von Unsicherheit verweist und eben wenige darüber redet, welche Probleme dabei rausgemacht sind.
00:24:02: Ja, und die hitzigen Reaktionen aus Ägypten wiederum, die passen gut ins Bild, dass man in Addis von dem Projekt zeichnen will.
00:24:09: Weil
00:24:10: ja das eigene Projekt nochmal größer macht und es bei dem Bau, das gehört eben auch darum geht, ein Projekt ... der nationalen Erbauung, der nationalen Aufstiegs zu schaffen.
00:24:21: Und wenn das dann von anderen der her traditionellen Gegner in der Region Ägypten als Bedrohung und als Gefahr wahrgenommen wird, dann bestätigt das ja noch genau dieses Narrativ, dass man da offensichtlich was Wichtiges aufgebaut hat, wenn das so ernst genommen wird von anderer Seite.
00:24:37: Aber lenkt damit natürlich auch von anderen Herausforderungen in die Tubchen
00:24:42: ab.
00:24:43: Jetzt ist die Situation ja, wie sie ist.
00:24:45: Der Staudamm ist in Betrieb.
00:24:47: Kann man überhaupt sagen, wer ist der König am Nil?
00:24:50: Ja, also, Gerrit Kurz, den hab ich das gefragt.
00:24:53: Und der war da etwas zurückhaltender.
00:24:55: Er sagt, ja, also die Position Äthiopiens, die ist jetzt natürlich gestärkt, aber nichtsdestotrotz.
00:25:01: Und so profitieren alle Länder weiterhin vom Nielwasser.
00:25:05: Das ist ein Fluss, der jetzt, wenn man nur den einen Arm des blauen Niels betrachtet, durch drei Länder fließt.
00:25:12: Natürlich profitieren die alle drei von dem Wasser des Nils.
00:25:16: Und Äthiopien eben jetzt auch mehr, als es vorher konnte.
00:25:20: Das ist ja klar.
00:25:21: Aber wie das eben so bei Flüssen ist, die fließen in eine Richtung.
00:25:24: Und natürlich ist das so, dass ein Oberanreiner, da in einer anderen Position ist, die ich in jetzt auch mehr nutzen kann, als dass die untereinander sind.
00:25:35: Das ist in der Natur der Schwerkraft.
00:25:38: Und das Fluss ist, ja, das natürliche Fluss ist irgendwie so.
00:25:42: Murithi Mutiga von der Crisis Group, der hat aber auch ganz klar gesagt, natürlich ist dieser Damm jetzt ein Druckmittel über das Äthiopien verfügt.
00:25:50: Das ist einfach eine Tatsache.
00:25:52: Ägypten kann nicht mehr wirklich etwas gegen diesen Damm machen und deshalb, sagt Murithi, hat sich die Machtstruktur mit Blick auf das Nielbecken doch... grundsätzlich verändert.
00:26:06: Ich denke, es steht außer Frage, dass Ethiopia jetzt die hegemoniale Kraft im Nihilbecken ist.
00:26:11: Mit ihrer geografischen Lage und dem Staudamm können sie den Fluss des blauen Nils kontrollieren.
00:26:16: Und das wird einen großen Einfluss darauf haben, wie die Beziehung zwischen den Staaten der Region in Zukunft aussehen werden.
00:26:26: Du hast vorhin gesagt, Ägypten kann da jetzt nichts mehr dagegen machen.
00:26:29: In der Vergangenheit hat Cairo ja aber sogar mit militärischen Angriffen auf den Staudamm gedroht, habe ich gelesen.
00:26:35: Ist denn eine direkte Konfrontation zwischen Ägypten und Äthiopien wirklich vom Tisch, wenn es keine diplomanische Einigung gibt?
00:26:43: Ich denke, da kann man relativ beruhigt sein.
00:26:45: Meine Gesprächspartner waren sich da ganz einig.
00:26:48: Eine solche direkte Konfrontation ist sehr, sehr unwahrscheinlich.
00:26:51: Es gibt keine wirklich guten Optionen für Ägypten.
00:26:54: Wenn man sich jetzt überlegen würde
00:26:55: ... Militärisch jetzt.
00:26:57: Den Damm zu bombardieren, das hätte katastrophale Folgen.
00:27:00: Der Damm ist ja nur um die Vierzig Kilometer entfernt von der sudanesischen Grenze.
00:27:05: Und in diesem ... Becken ist so unfassbar viel Wasser, das würde also zu katastrophalen Folgen in Sudan führen.
00:27:11: Und Sudan wiederum ist ein enger Verbündeter, oder das sudanische Militär ist ein enger Verbündeter von Ägypten.
00:27:17: Und auch rein logistisch wäre es fraglich, ob das ägyptische Militär wirklich zu einem Angriff und einem Krieg in Äthiopien in der Lage wäre.
00:27:25: Ja, das ist weit, weit weg.
00:27:28: Man würde irgendwie auf äthiopischen Boden kämpfen, wo sich die Äthiopier natürlich sehr, sehr gut auskennen.
00:27:32: Und deswegen versucht, als Sissi es trotz allem sehr berasseln, auch eher auf der diplomatischen Ebene.
00:27:45: Als Sissi hat hochrangige Diplomaten geschickt, insbesondere ans Horn von Afrika und nach Ostafrika, in die insgesamt elf Länder, die im Nielbecken liegen.
00:27:54: Er versucht auch in der afrikanischen Union präsenter zu sein.
00:27:57: Egypten versucht also an zwei Fronten voranzukommen.
00:28:01: Einmal diplomatisch, indem sie in der Region ihre Beziehungen aufbessern und versuchen, mehr Länder entlang des Nils auf ihre Seite zu ziehen und Druck auf Äthiopien auszuüben.
00:28:11: Und dann versucht Ägypten auch, das Thema auf die internationale Ebene zu heben.
00:28:15: Assisi hat versucht Donald Trump in die Sache reinzuziehen.
00:28:18: Und Ägypten hat mehrere Briefe an den UN-Sicherheitsrat geschrieben.
00:28:22: Aber es sieht so aus, als hätte Ägypten keine klaren Optionen, um die Situation grundlegend zu verändern.
00:28:34: Heißt, Ägypten hat da jetzt einfach keine guten Karten in der Hand, wie Donald Trump sagen würde?
00:28:39: Ja.
00:28:39: Das stimmt ein Stück weit, aber Ägypten kann Äthiopien das Leben schon schwer machen und zumindest indirekt Druck ausüben auf Addis Ababa.
00:28:47: Die Eskalationsgefahr liegt aber weniger in einem zwischenstaatlichen Krieg als in so einer Art Überlagerung bestehender Konflikte, so ein Überschwappen der Rivalität zwischen Ägypten und Äthiopien auf andere Konflikte, auf schon bestehende Konflikte in der Region.
00:29:10: Am
00:29:10: Horn von Afrika gibt es leider, aus sehr unterschiedlichen Gründen eine große Anzahl interner und zwischenstaatlicher Kriege.
00:29:18: Kriege zwischen Ländern sind zwar seltener geworden, aber Probleme innerhalb der Staaten sind immer noch sehr häufig.
00:29:24: Und ein Aspekt in der Region war schon seit dem Kalten Krieg die Häufung von Proxykonflikten, bei denen externe Akteure lokale Konflikte genutzt haben und die eine oder andere Seite mit Munition oder anderer Hilfe unterstützt haben.
00:29:39: Okay, also so eine Art stellvertreter Kriege und wo genau wäre das vorstellbar, wo würde das passieren?
00:29:45: Ja, um das zu verstehen, wo diese Gefahr groß ist aktuell, müssen wir so ein bisschen kleinen Schlenker machen.
00:29:51: Und zwar über ein ziemlich großes Problem, das Äthiopien hat.
00:29:55: Seit dem, und da lohnt sich jetzt noch mal ein Blick auf unsere Karte.
00:30:02: Also holen Sie Ihr Handy noch mal raus und klicken Sie noch mal auf den Link.
00:30:05: Äthiopien hat damals nämlich nicht nur viel Land verloren, sondern vor allem, wenn Sie auf die Karte gucken, auch jedweden Zugang zum Meer.
00:30:13: Und das bedeutet, dass Äthiopien tatsächlich das bevölkerungsreichste Land der Erde ohne eigenen Meereszugang ist.
00:30:20: Und komplett abhängig von Importen über Nachbarstaaten, vor allem über den Hafen in Djibouti, da ganz kleines Land in der Ecke.
00:30:28: Und das ist eben sehr, sehr teuer.
00:30:31: Übrigens auch ein wichtiges Argument für den Geld aus äthiopischer Sicht.
00:30:34: Durch den Stromexport können sie harte Deviesen einnehmen und damit eben Importe bezahlen.
00:30:39: Auch ganz, ganz wichtig.
00:30:41: Wie dem auch sei, Äthiopien will unbedingt wieder einen eigenen Meereszugang haben und schielt da immer wieder auf den Hafen in Assap, einer Stadt in Eritrea, an der Küste des Roten Meeres, erzählt Gerrit Kurz von der SWP.
00:30:55: Führende äthiopische Politiker, Ministerpräsident Abi, Präsident Sai und andere, Miss Militär, die stellen halt offen in Frage.
00:31:05: dass das weiterhin irretrisches Gebiets sein sollte.
00:31:08: Das
00:31:09: sagen halt, es war ein Fehler.
00:31:11: Der Premier Minister Abi hat in der Rede gesagt, es war ein Fehler, dass als Eritrea in den Jahr three und neunzig unabhängig wurde, Assam an Eritrea gegen den Hafen, den Etopien das gehen wieder hätte.
00:31:23: Und das eigentlich war das auch gar nicht so richtig mit rechten Dingen und so.
00:31:28: Also das spitzt sich halt zu.
00:31:31: Und davor gab es aus dem gleichen Grund, Äthiopiens Wunsch nach einem Hafen, schon Spannungen mit Somalia, das Nachbarland im Osten.
00:31:41: Äthiopien hatte da ein Deal mit Somaliland anvisiert, einer aus Sicht von Mogadishu abtrünnigen Region im Nordwesten von Somalia.
00:31:48: Da hatte Äthiopien mit dem Gedanken gespielt, eine offizielle Anerkennung von Somaliland zu prüfen, wenn sie dafür ein Stück von deren Küste nutzen können.
00:31:58: gar nicht gut an in Somalia.
00:31:59: Das ist zwar wieder vom Tisch und die Beziehungen zu Mogadischu haben sich auch wieder verbessert.
00:32:04: Aber Ägypten hat diesen Streit schon auch genutzt, um die Beziehungen zu Somalia zu verbessern und will auch bald Soldaten dorthin entsenden, offiziell als Teil einer Truppe der Afrikanischen Union im Kampf gegen die Terrororganisation Al-Shabab.
00:32:18: Aber de facto stehen dann eben ägyptische Soldaten unweit der östlichen Grenze von Äthiopien.
00:32:24: Und das ist natürlich immer nicht so gut, wenn sich da Militärs gegenüberstehen.
00:32:27: Was ist denn mit Eritrea, diesem ehemaligen Landesteil von Äthiopien, der jetzt ein eigenes Land ist?
00:32:33: Genau, die haben ja auch eine sehr angespannte Verhältnis, weil Äthiopien eben immer da auf diesen ... Eritreischen Hafen, Schild.
00:32:42: Und auch mit Eritrea hat Ägypten seine Beziehungen verbessert.
00:32:47: Also auch da ... So,
00:32:49: nach dem Motto, der Feinde eines Feindes ist mein
00:32:51: Freund.
00:32:51: Genau, und auch da kommt Ägypten näher.
00:32:53: Und wenn wir jetzt noch ... Wir haben Richtung Osten geguckt, wir haben Richtung Norden geguckt, nach Eritrea.
00:32:58: Und wenn wir jetzt noch Richtung Westen gucken, da liegt Sudan, ja.
00:33:02: Und da ist Ägypten eben ohnehin ein wichtiger Unterstützer des sudanesischen Militärs in dem dortigen Bürgerkrieg.
00:33:09: Also wer das jetzt auf der Karte mitverfolgt hat, der sieht aus etiopischer Sicht, sieht das alles zusammengenommen schon bedrohlich aus.
00:33:16: Weil Ägypten halt mit allen außen rum ...
00:33:18: So langsam seine Beziehungen verbessert.
00:33:20: Ganz genau.
00:33:21: Und ein möglicher Kriegsausbruch mit Eritrea, wo eben die ... Du hattest gefragt, wo ist es am Wahrscheinlichsten?
00:33:26: Mit Eritrea sind die Beziehungen schon sehr, sehr angespannt gerade.
00:33:30: Ein möglicher Kriegsausbruch mit Eritrea könnte dann tatsächlich eine Eskalation ins Rollen bringen.
00:33:35: Das sagt auch Morithi Moutiga von der Crisis Group.
00:33:44: Die höchste Priorität hat es meiner Ansicht nach, eine Konfrontation zwischen Ethiopien und Eritrea zu verhindern.
00:33:51: Ägypten
00:33:52: hat eine Art informelles Verteidigungsbündnis mit Eritrea und Somalia geschlossen.
00:33:57: Äthiopien fürchtet unter anderem, dass das eine Form der Einkesselung sein könnte.
00:34:02: Denn Ägypten hat außerdem auch ein Sicherheitsabkommen mit der Armee im Sudan.
00:34:12: Okay, insgesamt eine Konstellation, die sehr von Spannung geprägt ist, aber ganz konkret ist ja noch nichts passiert.
00:34:18: Würdest du sagen, das klingt jetzt nur so bedrohlich oder ist ein Krieg in der Region wirklich ein realistisches Szenario?
00:34:24: Also, nicht falsch verstehen.
00:34:26: Mein Punkt ist nicht, dass da jetzt irgendwie ein großer Krieg heraufzieht.
00:34:29: Gerrit Kurz von der SVP hat auch ganz klar gesagt, dass er nicht sieht, dass diese Rivalität zwischen Ägypten und Äthiopien jetzt zu einer großen Eskalation führt.
00:34:37: Aber gerade auch in Äthiopien selbst, wo es gleich mehrere Rebellengruppen und verschiedenste Aufstände gegen die Zentralregierung gibt.
00:34:45: gäbe es durchaus Angriffspunkte gegen Adis Abeba.
00:35:15: Das wäre jetzt auch kein direkter Hebel, um irgendwas an dem Betrieb des Dams zu verändern.
00:35:20: Also, das wäre jetzt nur ein Hebel, um jetzt Äthiopien zu schaden.
00:35:24: Aber das kann man jetzt nicht direkt in der Verhandlung einsetzen.
00:35:27: Genauso wenig, wie halt Ägypten seine Präsenzinsomalia wirklich dafür einsetzen kann.
00:35:32: Ägypten sagt auch selber, sie wollen das eigentlich gar nicht dafür einsetzen.
00:35:35: Aber es ist schon ziemlich offensichtlich, dass das mit diesen Spannungen auch über den Girt irgendwie im Zusammenhang steht.
00:35:42: Also, noch mal ganz klar gesagt, unterm Strich ... Es gibt keinen Grund davon auszugehen, dass es unmittelbar zu einer Eskalation kommt, aber es gibt leider auch keinen Grund zur Entwarnung.
00:35:52: Auf jeden Fall ist es nicht hilfreich, dass sich Äthiopien und Ägypten bei so einer existenziellen Frage wie dem ... wie der Nutzung des Nielwassers nicht einigen können.
00:36:01: Und es macht es auch nicht einfacher, die Konflikte in der Region zu lösen oder irgendwie unter Kontrolle zu halten.
00:36:07: Jetzt so zum Ende der Sendung, was ich mich die ganze Zeit gefragt habe, ist, ob wir vielleicht auch noch mal ein bisschen raussoomen sollten, weil wir haben ja angefangen bei diesem Grand Ethiopian Renaissance Dam bei dem Streit um die Nutzung des Nielwassers.
00:36:20: Und das ist ja etwas, was wirklich in ähnlicher Form überall auf der Welt präsent ist und auch zunehmend präsent ist, nämlich die Frage, wie man mit der geteilten Ressource Wasser umgeht, umgehen wird, wenn es wegen der Klimakrise immer weniger Wasser gibt.
00:36:35: Ja, genau, das war auch eine der Anfangsfragen, die ich so im Kopf hatte bei der Recherche.
00:36:39: Ja, könnte das in dem Nielbecken vielleicht irgendwie zu einem der ersten großen ... Wasserkriege der Menschheitsgeschichte werden, wo es um den Zugang zu Frischwasser geht.
00:36:49: Ich denke, wir haben das schon beantwortet, eher nicht.
00:36:53: Aber ich hab mit einer Expertin für Wasserdiplomatie über genau dieses Thema gesprochen.
00:36:58: Was mich total überrascht hat, ist, dass sie mir erzählt hat, dass sie gar nicht an diese Idee glaubt, dass es künftig zu mehr Kriegen um Wasser kommen wird.
00:37:07: Oder dass es überhaupt zu Kriegen um Wasser kommt.
00:37:18: Der Begriff der Wasserkriege wird oft als Schlagwort benutzt.
00:37:21: Aber ich komme aus der Konfliktforschung und dort sprechen wir von einem Krieg, wenn es innerhalb eines Jahres mehr als tausend Tote durch Kampfhandlungen gibt und von einem Wasserkrieg, wenn der Zugang zu Wasser der zentrale Auslöser dafür
00:37:43: war.
00:37:44: Und
00:37:47: meine Kollegen und ich haben uns die Geschichte angesehen und es gibt einfach keinen Krieg, der diese Kriterien erfüllt.
00:37:54: Ich denke deshalb, dass das Konzept eher irreführend ist und einengt und dass es deshalb den Blick auf mögliche Lösungen für die Konflikte verstellt.
00:38:09: Das sagt Martina Klimes.
00:38:11: Sie ist Leitende Beraterin für Wasser, Klima und Frieden am Stockholm International Water Institute, sie wie.
00:38:18: Aber Konflikte um Wasser gibt es doch trotzdem, oder?
00:38:20: Das hört man ja immer wieder.
00:38:21: Absolut, die gibt es, aber die sind oftmals eher tatsächlich auf ... einer regionalen Ebene, also nicht zwischen Staaten.
00:38:27: Ein bekanntes Beispiel sind die Konflikte zwischen Bauern und Viehhaltern in verschiedenen Teilen des afrikanischen Kontinents.
00:38:33: Ja, die kämpfen um Wasserressourcen.
00:38:35: Aber auch da gibt es eben oft andere Komponenten des Konflikts.
00:38:39: Also da geht es auch um ethnische Spaltungen oder um religiöse Fragen.
00:38:43: Also da kommt viel zusammen.
00:38:45: Und auf der zwischenstaatlichen Ebene ist beim Thema Wasser tatsächlich Kooperation ... Die Regel und nicht Konflikt, sagt Martina Clemes.
00:38:58: Es gibt dreihundertzehn grenzübergreifende Flussbetten auf der Welt.
00:39:02: Und in ca.
00:39:02: ninety-fünf Prozent davon verhalten sich die Anreinerstaaten kooperativ.
00:39:07: Es gibt technische Kooperation, unterschiedlich stark ausgeprägte, institutionelle Zusammenarbeit.
00:39:14: Oftmals gibt es keine offiziellen Abkommen, aber wenn es Probleme gibt, dann findet man Mittel und Wege, um damit zu gehen.
00:39:22: Und dann gibt es ungefähr fünf Prozent der Flussbetten, die in sehr politisierten Regionen liegen.
00:39:27: Der Niel, der Euphrat, der Tigris, der Indus und der Jordan.
00:39:32: Hier wird die Kooperation erschwert durch die geopolitische Lage in den Regionen.
00:39:42: Ja, und das ist, denke ich, der zentrale Punkt, den Martina macht.
00:39:46: Wenn es jetzt zu einem Krieg kommen würde in einer dieser Regionen, Also, auch wenn da der Auslöser vielleicht der Zugang zu Wasser ist, sozusagen der Tropfen, der das fast zum Überlaufen bringt, ja, dann wäre die Kriegsursache nicht das Wasser, sondern der grundlegende Konflikt wäre ja ... Je nachdem, wo man hinguckt auf der Welt, der Konflikt wäre etwas anderes.
00:40:07: Und dann über Wasserkriege zu sprechen.
00:40:09: Das würde den Blick versperren auf die wahren Ursachen des Konflikts.
00:40:13: Und dann so eben auch eine Lösung im Weg stehen.
00:40:17: Deshalb blickt sie so kritisch auf dieses Konzept.
00:40:20: Das heißt, wenn es sonst keine Probleme gibt, kann man sich über das Wasser eigentlich auch einigen in der Regel.
00:40:26: Genau.
00:40:26: Und wenn es grundlegend schon andere Konflikte gibt, andere Gründe für ein Konflikt, dann ist natürlich der Zugang zu Wasser politisiert.
00:40:35: Und was heißt das jetzt für den Konflikt, über den wir heute gesprochen haben zwischen Ägypten und Äthiopien?
00:40:40: Ja, also wir haben ja gesprochen über Desinformation und wie die öffentliche Meinung da auch aufgestachelt wird.
00:40:47: Und Martina hat das so ein bisschen bestätigt.
00:40:48: Sie hat mir erzählt, wie schwierig diese Verhandlungen sind, gerade weil hier eben so viele verschiedene Themen aufeinanderprallen.
00:40:58: Hier
00:40:59: gibt es drei verschiedene Ebenen.
00:41:00: Einmal die technische Ebene und ich habe von Kollegen gehört, dass es eigentlich eine ziemlich einfache technische Lösung gäbe für den Wasserkonflikt an sich, wenn man die Experten aus den verschiedenen Anreinerstaaten des Niels einfach machen lassen würde.
00:41:16: Aber dann gibt es die politische Ebene.
00:41:18: Und die Regierungen haben viel politisches Kapital in diesen Konflikt investiert.
00:41:23: Und das hängt zusammen mit der dritten Ebene, der Kommunikation nach außen.
00:41:27: Wie kann man einer politisierten Öffentlichkeit nahe bringen, dass man in Verhandlungen eben Kompromisse machen muss und man nie alles kriegt, was man will?
00:41:36: Und wenn es um Wasser geht, dann wird das alles sehr existenziell.
00:41:40: Es gibt viele Spekulationen und Vorwürfe.
00:41:43: Ihr habt das Wasser unseren Feinden gegeben oder ihr habt unser Wasser an ein anderes Land verschenkt.
00:41:49: Warum?
00:41:50: Es ist unser Wasser.
00:41:51: Und so wird dieses Thema emotional aufgeladen.
00:41:59: Emotional aufgeladen und auch noch mal dieses Thema der Instrumentalisierung und Desinformation über das wir hier bei Machtprobe ganz oft reden.
00:42:07: Denn ohne Wasser gibt's kein Leben.
00:42:09: Das sieht man in Ägypten, besonders plastisch, wenn man von oben auf die Karte schaut.
00:42:14: Umso schöner fand ich zu hören, dass es in den Fälle so ist, dass man sich auch übers Wasser einigen kann.
00:42:20: Also, dass ganz viel Kooperation besteht.
00:42:22: Unbedingt.
00:42:23: Hoffen wir, dass es im Nielbecken auch so bleibt und dass man da eine langfristige Lösung finden kann.
00:42:29: Das war's für heute von FAZ Machtprobe.
00:42:32: Vielen Dank, dass Sie zugehört haben.
00:42:34: Und dank auch an alle unsere Kollegen, die an dieser Folge mitgearbeitet haben, Quentin Pehlke, Kathrin Becker, Kevin Gremel und Angelika Pfei.
00:42:41: Und natürlich dir, Felix, dafür, dass du uns diese spannende Recherche hier mitgebracht hast.
00:42:45: Sehr gerne, hat mir großen Spaß gemacht.
00:42:47: Wenn Sie Feedback oder Fragen haben, schreiben Sie uns gerne eine E-Mail an.
00:42:51: Podcast at FAZ.de.
00:42:53: Wir freuen uns auf jeden Fall von Ihnen zu hören und hören uns in jedem Fall hier nächste Woche wieder.
00:42:58: Das war's.
Neuer Kommentar