„Fight or die“: Marschieren Englands Rechte in die Downing Street?

Shownotes

London erlebt eine rechte Machtdemonstration: Tommy Robinson mobilisiert Zehntausende, Elon Musk ruft „Fight or die“. Die Polizei gerät an ihre Grenzen, die politische Mitte steht unter Druck.

Unser Korrespondent Johannes Leithäuser ordnet ein, warum die Polizei unterschätzt hat, was die Straße leisten kann und weshalb legale Zuwanderung politisch die härtere Baustelle ist als die illegale. Mit unserem ehemaligen Außenpolitik-Chef Klaus Dieter Frankenberger schauen wir auf die Folgen für Europas Mitte und die Extremismus-Expertin Julia Ebner analysiert die neuen Methoden rechter Mobilisierung. Im Fokus stehen auch die Akteure: Robinson, Musk, Éric Zemmour, Petr Bystron – und der Mann, der daraus politisches Kapital schlagen könnte, Nigel Farage. Was bedeutet die Londoner Welle für das Zwei-Parteien-System, für Labour unter Druck und für die Resilienz britischer Institutionen?

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Transkript anzeigen

00:00:04:

00:00:12: Der Mann, der hier gerade in einem fahrenden Auto sitzt und in seine Handykamera spricht, hat eine klare Botschaft.

00:00:22: Es

00:00:24: soll ein guter Tag werden.

00:00:25: Ein fröhlicher Tag.

00:00:27: Es wird Comedians Musik und eine große Feier geben.

00:00:30: Die Veranstaltung, zu der er einlädt, ist aber kein runder Geburtstag.

00:00:38: Er sagt auch, lasst euch nicht provozieren, trink nicht so viel.

00:00:41: Und das Schlachtfeld für Meinungsfreiheit, für Remigration und all diese Themen ist gewählt.

00:00:47: Unsere Hauptstadt.

00:00:48: Der Tag, um den es geht, ist der thirteenth September, der vorletzte Samstag, und der Mann ist Tommy Robinson, Englands bekannteste Rechteaktivist.

00:00:56: Er brieft seine Anhänger, mahnt zu Disziplinen, schwört sie auf einen historischen Tag ein.

00:01:02: Man soll sich nicht vermummen und auch dafür sorgen, dass andere das nicht

00:01:05: tun.

00:01:06: Schließlich kommen ja auch Familien mit Kindern.

00:01:09: Was er vorhat, kein geringeres Ziel als die Politik und die Kultur Großbritanniens zu verändern.

00:01:15: Sie hören Machtprobe, den Auslandspodcast der FAZ.

00:01:18: Mein Name ist Michael Götz und ich freue mich sehr, dass Sie dabei sind.

00:01:26: Heute vor zwei Wochen erlebt London eine Demonstration, wie sie das Land seit Jahrzehnten nicht gesehen hat.

00:01:32: Zehntausende angeführt von Tommy Robinson versammeln sich im Regierungsviertel.

00:01:36: Sie wollen ein Zeichen setzen.

00:01:37: Gegen Migration, gegen die Regierung, gegen das, was sie den Ausverkauf Britanniens nennen.

00:01:43: Es ist nicht irgendeine Demo, es ist eine Machtdemonstration der radikalen Rechten, mit internationaler Bühne, zugeschalteten Gästen wie Elon Musk und riesigen Zulauf.

00:01:53: Auf Hundertzehntausend schätzt die Polizei die Teilnehmerzahl.

00:01:56: Viele sagen, es sieht nach mehr aus.

00:01:58: Und die Gegendemonstration kommt auf ungefähr fünftausend Menschen.

00:02:04: In der Planung hat die Polizei die Lage offenbar nicht richtig voraus gesehen.

00:02:08: Demonstranten versuchen, Absperrungen zu durchbrechen.

00:02:10: Es gibt Videoaufnahmen, wie Metallgitarre auf Polizeibeamte geworfen werden.

00:02:14: Die tragen nicht alle Schutzausrüstung.

00:02:16: Und im Laufe des Nachmittags werden weitere, besser ausgerüstete Einsatzkräfte und berittene Polizei nachgefordert.

00:02:22: Sechsundzwanzig verletzte Beamte werden gemeldet.

00:02:24: Drei von ihnen schwer.

00:02:30: Bei der Kundgebung im Regierungsviertel wird Elon Musk per Video zugeschaltet.

00:02:34: Er fordert die Auflösung des britischen Parlaments und ruft den Demonstranten zu.

00:02:47: Entweder ihr schlagt zurück oder ihr werdet sterben.

00:02:53: Der französische Rechtsextremist Erich Simour kommt ebenso auf die Bühne wie Peter Bistron von der AfD.

00:03:05: Was ist da los im Musterland der höflichen Zurückhaltung?

00:03:08: Die Demo ist vorbei, die Straßen sind wieder leer, aber die Fragen bleiben.

00:03:12: Was treibt die Menschen auf die Straße?

00:03:14: Was wollen die Abgeordneten rechter Schwesterparteien aus den Nachbarländern in London?

00:03:18: Und ist das der Beginn einer neuen politischen Ära in Großbritannien?

00:03:25: Um diese Fragen zu klären, habe ich mit Johannes Leithäuser gesprochen.

00:03:28: Er ist unser Korrespondent für Großbritannien und ihr Land und hat für uns vor Ort in London berichtet.

00:03:36: Samstag, thirteenth September.

00:03:38: Wir befinden uns im Regierungsviertel Whitehall.

00:03:41: In der Menschenmenge Schilder mit der Aufschrift stoppt die Boote oder schickt sie nach Hause.

00:03:46: Viele sind mit Bussen aus dem Norden und aus Wales angereist.

00:03:49: Statt Plakaten tragen viele Fahnen mit der englischen Fahne dem Georgskreuz als wäre ihnen England besonders wichtig.

00:03:55: Andere haben auch den Unioncheck dabei, die Farben Großbritanniens.

00:03:59: Eines wird schnell klar, Es kommen mehr als erwartet.

00:04:02: Das war schon eine Sensation, muss man sagen, mit der nicht einmal die Polizei gerechnet hatte.

00:04:09: Die vorher zwar wusste, dass es diese Demonstration geben würde, aber die Zahl der Teilnehmer hat alle Einschätzungen doch dramatisch übertroffen.

00:04:20: Man muss allerdings sagen, dass Tommy Robinson, der ... einschlägig bekannte Rechtsradikale, schon letztes Jahr viele Leute mobilisiert hat im Sommer, als es dann diese Unruhen und Ausschreitungen gab in vielen englischen Städten.

00:04:34: Es zeigt sich aber, dass im Zeitalter von Social Media offenbar viele Mobilisierungsmöglichkeiten ablaufen, ohne dass die Öffentlichkeit oder auch Ermittlungsbehörden davon vorher eine genaue Kenntnis haben.

00:04:48: Johannes Leithäuser erzählt mir auch, wie unübersichtlich die Lage auf der Straße für ihn selbst zunächst war.

00:04:53: Ich habe mir das zum Teil angesehen, aber es war schon fast unmöglich, sich einen Überblick zu beschaffen.

00:04:58: Also ich habe selber auch noch gestaunt, als ich die Luftaufnahmen von Hubschraubern oder Drohnen gesehen habe, die während der Demonstration gemacht worden sind.

00:05:08: und war dann auch noch beeindruckt von den Mengen, die ich da auf beiden Seiten der Thames gesehen habe in der Innenstadt.

00:05:15: Die Kundgebung beginnt mit dem Zeigen von Flaggen des islamischen Staates, der Muslimbruderschaft und Palästinas.

00:05:21: Skoril, eine Gruppe Maori, performt ein Hacker.

00:05:25: Zwei Männer halten die palästinensische Fahne.

00:05:34: Dann ein Ruck, die Fahne ist zerrissen, die Menge begeistert.

00:05:38: Robinson ruft ihr zu, Britannien ist erwacht und erholt internationale Verstärkung auf die Bühne.

00:05:44: Erich Semur, der AfD-Politiker Peter Bistron und per Video zugeschaltet.

00:05:49: Elon Musk.

00:05:50: Er ruft der Menge eben diesen Satz zu, den wir eingangs schon gehört haben.

00:05:56: Ich war sprachlos, weil ich finde, das ist wirklich Brandstifterei.

00:05:59: Also das ist meine persönliche Ansicht.

00:06:02: Und ich bin nicht sicher, ob Elon Musk nun eine besonders große positive Anhängerschaft in diesem Land hat.

00:06:09: Aber Tommy Robinson wird es bestimmt gefreut haben.

00:06:12: Was die Sicherheitsbehörden vor allem beschäftigt, der Mix aus einer allgemein niedrigen Hemmschwelle, gespeist aus dem Hooligan-Milieu und die klaren Feindbilder, die Jorvinson, zeichnet.

00:06:22: Dazu seine Mobilisierungskraft.

00:06:24: Ich glaube einfach, es reicht schon, dass er tut, was er tut, weil das niemand sonst bisher getan hat in diesem Land.

00:06:31: Und wenn sie sich ansehen, andere Figuren, die... auf der äußeren rechten Seite des Spektrums unterwegs sind.

00:06:38: Die möchten alle Wählerstimmen und Spenden haben, aber niemand mobilisiert eine Basis dahingehend, dass man auf die Straße gehen soll oder gar vor Hotels ziehen, in den Asylsohunde wohnen und dort protestieren.

00:06:53: Ich frage Johannes Leithäuser auch, wie gefährlich das denn für die Eskalation im Land ist.

00:06:57: Ich

00:06:57: glaube, das ist sehr gefährlich.

00:06:59: ist vor allen Dingen auch deswegen, weil die Briten mit sowas eigentlich keine Erfahrung haben.

00:07:05: Und weil andererseits eine latente Gewaltbereitschaft hier existiert, die ich als noch höher einschätzen würde als in Deutschland.

00:07:14: Die hat sich früher eher so in Richtung Football-Hooliganism ausgetobt.

00:07:19: Also junge, gewaltbereite Männer haben eher solche Fernkämpfe um Sportereignisse genutzt, um sich gegenseitig weh zu tun.

00:07:28: Aber jetzt findet das statt mit einer ganz starken rassistischen und ausländerfeindlichen Konnotation.

00:07:35: In Nordirland hat es ja vor einigen Monaten auch seine ganze Serie von Ausschreitungen gegeben, die mehr als eine Woche lang gedauert haben.

00:07:44: Und auch da waren diejenigen, die sich da beteiligt haben, also fast alles waren jüngere Männer.

00:07:50: Oder Männer auf jeden Fall, die man auch hätte mit Football.

00:07:55: oder mit Fußball-Hooligans in Verbindung bringen können.

00:07:58: Und wenn man sich ansieht, wer verurteilt worden ist, nach den Ausschreitungen letztes Jahr, dann gab es auch da eine große Gruppe von Männern, die sogar teilweise Polizei bekannt waren.

00:08:08: Es gab allerdings auch viele, die sich von diesem Sog haben mitreißen lassen.

00:08:12: Und das ist, glaube ich, eine der Schwierigkeiten in diesem Land.

00:08:17: Wenn es eine Eskalation gibt, dann ... Fehlt diese Erfahrungshintergrund, dass man sich lieber fernhält, als selber auf der Straße zu sein und sich dann quasi mitreißen zu lassen.

00:08:29: Hinter all dem steckt aber auch die Erzählung vom heilen England, der Wunsch nach einem Land, dass es so nie zurückgeben wird.

00:08:35: Der Brexit hat dieses Milieu eher verfestigt als beruhigt und viele fühlen sich benachteiligt, übergangen und abgehängt.

00:08:42: Das ist so eine Art Sehnsucht nach einer früheren heilen Welt, die, glaube ich, auch ... Anderswo ein Motiv ist für viele die Parteienwellen auf der Rechtsaußenseite des Spektrums.

00:08:57: Und ich würde sagen, die ganze Debatte über den Brexit und auch die Art und Weise, wie er dann vollzogen ist, hat ja hier so ein Milieu erschaffen, das nach einer Art heilem England sucht, wie das gewesen ist eigentlich, ich würde sagen, bis zum Beginn der Nachkriegszeit.

00:09:17: Denn da setzt er ja unmittelbar dann auch eine Zuwarnung von Minderheiten ein, die dieses Land bis heute prägt.

00:09:23: Also sowohl aus Indien, Pakistan und anderen asiatischen Gegenden, als auch aus der Karibik und aus Afrika.

00:09:30: Und viele... Derer, die da jetzt auf die Straße gehen, den geht es jetzt nun im Moment nicht so sehr um vulgarische Lkw-Fahrer oder dem berühmten polnischen Klempner.

00:09:42: Aber es geht ihnen darum, dass sie finden, sie werden benachteiligt oder kommen zu kurz gegenüber anderen Teilen der Gesellschaft.

00:09:50: Zum Unmut trägt auch das Asylsystem bei.

00:09:53: Zentral organisiert.

00:09:54: Viele Menschen sind in Hotels untergebracht.

00:09:56: Es ist ein Modell, das schnell verfügbar war und gleichzeitig fehleranfällig.

00:10:00: Teuer.

00:10:01: und politisch angreifbar.

00:10:02: Richtig ist, dass dieses Land mit Asylsuchenden, was ihre staatliche Behandlung anlangt, nicht richtig gut zurechtkommt.

00:10:12: Das liegt wieder daran, dass es viel zentralisierter ist als Deutschland.

00:10:17: Beispielsweise die Unterbringung von Asylsuchenden ist eine zentrale Aufgabe, die das Innenministerium erledigen muss.

00:10:24: Deswegen wohnen so viele in Hotels, weil die waren ... Das ist ein Geschäftsmodell, die Warenrasch anzumieten.

00:10:31: Ich finde, die Geschäftsleute haben erkannt, wenn sie von den etwas heruntergekommenen Hotels in vielen, vielen heruntergekommenen Küstenbädern Großbritanniens ein Durzen oder zwei Durzen zusammen kaufen, die dem Innenministerium anbieten können, dass da ein guter Schnitt zu machen ist.

00:10:49: Bei uns werden oder in Deutschland werden die... Asylsuchenden per Schlüssel auf die Bundesländer und von dort auf die Kreise verteilt und jeder Landrat muss dann halt sehen, wo er ein paar Dutzend unterbringt.

00:10:59: Das System hier ist auf jeden Fall anfälliger für Fehler, Fehlentscheidungen und Geldverschwendung, würde ich jetzt nach dem, was ich so beobachte sagen.

00:11:11: Vor allen Dingen das Phänomen ist beherrschend geworden der illegalen Flüchtlinge, die von Schleusern in Schlauchbooten über den Ermelkanal geschippert werden, weil das immer wieder neue dramatische Bilder liefert.

00:11:26: Und weil das diese Invasionsuhrangst an diese Invasionsuhrangst der Briten rührt, glaube ich, dass sie quasi bedroht werden.

00:11:37: ohne wirksame Gegenmaßnahmen ergreifen zu können.

00:11:40: Das führt jetzt zu diesen Überreaktionen und zu diesen abgeleiteten Debatten darüber, ob man nicht aus der Europäischen Menschenrechtskonvention austreten muss, auch gleich aus der UN-Flüchlingskonvention, was auch zeigt, dass Eingeständnis enthält, dass das mit dem... Brexit alleine nicht dazu geschürt hat, dass man nun die glorreiche selbständige Souverän in Aktion geworden ist.

00:12:03: Also müssen noch weitere Austritte her, um dieses Ziel irgendwie zu erreichen.

00:12:07: Das große Migrationsthema ist allerdings die legale Migration und Arbeitskräfteeinwanderung, die hier seit dem Brexit stattgefunden hat.

00:12:16: Und wenn es richtig ist, dass zu der Entscheidung, die EU zu verlassen, auch das Gefühl geführt hat, es sind zu viele junge polnische, estnische, rumänische Arbeitskräfte hier im Land.

00:12:27: Dann muss man sagen, bewegten die sich im Zuwarnungsseil in den Hunderttausenden, in den Jahren, in dem Boris Johnson regierte, stieg allerdings die Netto-Einwandlung fast auf eine Million in einem Jahr.

00:12:39: Also der Zustrom hat hinterher noch viel viel stärkere Ausmaße

00:12:42: angenommen.

00:12:43: Und dann ist da dieses Paradox.

00:12:45: In der EU wären die Dublin-Regeln ein Werkzeug gewesen.

00:12:49: Viele Fälle hätten vielleicht juristisch einen ganz anderen Weg genommen.

00:12:52: Und natürlich auch die Fünfzigtausend Bootsflüchtlinge, die in den Schlauchbooten jedes Jahr kommen, gäbe es nicht, wenn das Landmitglied der EU gewesen wäre, weil dann nach den Dublin-Regeln, die alle nach Frankreich hätten zurückgeschickt werden können.

00:13:05: Und dann wäre dieser Handel überhaupt nie entstanden, bei dem ja auch immer wieder Leute ertrinken.

00:13:11: Und die ja auch falsche Hoffnungen wecken für viele, die vorher schon jahrelang in Europa herumgeirrt sind, ohne dort.

00:13:18: irgendwo einen festen Asylstatus zu bekommen und für die dann immer noch die Hoffnung besteht, dass es am Ende womöglich in England klappen könnte.

00:13:26: Ich habe Johannes Leithäuser auch gefragt, was ihnen denn an der Situation am meisten überrascht.

00:13:31: Am meisten überrascht mich tatsächlich, da kommen wir auf den Anfang unseres Gesprächs zurück, dass es so eine große Mobilisierung von in der Anführungszeichen braven Bürgern gibt, die Willens sind, einem radikalen Aufruf zu folgen.

00:13:46: Und das ist das Symptom offenbar so grundlegend, deswegen das Vertrauen in die etablierte Politik verloren haben.

00:13:52: Das habe ich hier in der ersten Zeit, in der ich hier war, nicht erlebt.

00:13:58: Also man könnte allgemein sagen, die Bindungskräfte schwinden an die etablierten Formen von Politik.

00:14:04: Und das ist eine sehr interessante Entwicklung.

00:14:07: In Großbritannien kommt hinzu, dass das politische System dadurch auch natürlich stark delegitimiert wird, weil es immer darauf ausgerichtet ist, dass eigentlich nur zwei Parteien vorhanden sind.

00:14:18: Die eine regiert, die andere ist in der Opposition.

00:14:21: Und das hat sich jetzt bei den letzten Kommunalwahlen schon gezeigt, dass wenn drei oder vier oder gar fünf Parteien antreten, also die Grünen werden stärker und Nigel Farage reformen, dann gibt es noch die liberal-demokraten, das dann... Bei einem direkten Mehrheitswahl kann die Daten erfolgreich sein können, die vielleicht nur achtundzwanzig Prozent der Stimmen bekommen haben.

00:14:42: Wenn dann auch nur vierzig Prozent der Leute zur Wahl gegangen sind, dann haben sie also jemand, der gewählt worden ist von fünfzehn Prozent der Wähler.

00:14:52: und dann quasi auf diese Art und Weise seinen Amt erhalten hat.

00:14:56: Das ist, glaube ich, auf Dauer ein Problem.

00:14:58: Wir sehen ja hier ein Phänomen, das seine Entsprechung ringsum in Europa hat, wenn wir auf Italien schauen, Frankreich, die Situation hier bei uns.

00:15:05: Ich frage mich, ob die Briten anders damit umgehen.

00:15:08: Vielleicht können sie mit ihrer ruhigen Gelassenheit, ihrer Höflichkeit, die Situation besser beherrschen, die Temperature senken.

00:15:16: Als ich Johannes Leithäuser das frage, muss er schmunzeln.

00:15:19: Die Frage hat ja schon eine Unterstellung.

00:15:20: Ich bin mir gar nicht sicher, ob die Briten diese Lage besser lösen können als andere.

00:15:28: Scherzhaft gesagt, am Ende hilft immer eine Tasse Tee.

00:15:31: Also es gibt ja hier diesen Satz put the kettle on, also setzt das Wasser auf.

00:15:36: Und ich glaube tatsächlich auch, das ist so.

00:15:40: Also es gibt... Doch als Grundierung eine größere Bereitschaft, sich mit Verhältnissen zu arrangieren und abzufinden.

00:15:47: Der Wutbürger, den wir in Deutschland jetzt hervorgebracht haben in den letzten Jahrzehnten, der ist trotz der Demos und anderem, was wir gerade zum Thema hatten, nicht so sehr verbreitet.

00:15:59: Das ist die Lage nach diesem Samstag vor zwei Wochen, der viel über die Stimmung und die Spannung im Land erzählt.

00:16:04: Vielen Dank an Johannes Leithäuser für seine Eindrücke und die Einordnung.

00:16:10: Dieser Samstag in London wirkt nach, die Mobilisierung im Netz Elon Musk als verstärker die Polizei am Limit und Laborunterdruck.

00:16:17: Was sagt diese Welle über die Vertrauenslage in westlichen Demokratien und über die Fähigkeit der Mitte gegenzuhalten?

00:16:24: Darüber spreche ich jetzt mit Klaus Dieter Frankenberger, unserem langjährigen Außenpolitik-Chef der FHZ.

00:16:29: Hallo Klaus.

00:16:30: Guten Morgen Michael.

00:16:31: Jetzt also auch England.

00:16:32: Was sagt denn die Mobilisierungswelle von rechts über die Vertrauenskrise in westlichen Demokratien aus?

00:16:38: Ja, die sagt eine ganze Menge aus.

00:16:40: Wir haben in allen westlichen Ländern, im westlichen Demokratie, jedenfalls in fast allen und jedenfalls in den großen Ländern große Umwelt zu tun.

00:16:48: Wir haben große Aufgaben, die die Regierung angestämmen sollten, die Erneuerung der Wirtschaft, die Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft.

00:16:56: in Großbritannien, im Vereinten Königreich wurde eine Dekade die Erneuerung ausgerufen von der Labour-Regierung.

00:17:03: Da sieht es ziemlich traurig damit aus, da ist man nicht weit gekommen.

00:17:06: Die Regierung ist in einem großen Popularitätstief in Deutschland, ruft die Koalition von Friedrich Merz, den Herbst der Reform aus.

00:17:15: Viele Fachleute haben den Herbst der Reform bereits abgeschrieben, sieht auch nicht so gut aus, eher düster.

00:17:20: Frankreich wird in die Zange genommen von rechts und links, ist schwach.

00:17:24: Und das zeigt, was im Moment an umstürzlarischen Unterwegs ist, wenn man das mal so formuliert.

00:17:31: Die Konsequenz ist, in der Regel handlungsschwache Regierung, Regierungskrisen, führt zu Vertrauenverlust bei der Bevölkerung und spült Zustimmung und Stimmen vor allem auf die Seite der Rechten.

00:17:44: Bei uns ist die AfD, in Großbritannien ist es die Reform UK-Partei, in Frankreich sind es Rechtswillings.

00:17:52: Warum ein so gelingt, den konservativen Parteien in Großbritannien, den Tories, nicht nach rechts wirklich abzudichten?

00:17:58: Das war ja mal früher Standard, sage ich

00:18:00: mal.

00:18:01: Ja, aber die Tories sind anfällig auf der rechten Seite.

00:18:05: Die waren schon immer anfällig auf der rechten Seite.

00:18:07: Und jetzt ist natürlich eine rechtspopulistische Bewegung entstanden, die wettbewerbsfähig ist.

00:18:14: Konservative schaffen es nicht, weil sie eigentlich das Hauptversprechen von Brexit die Grenzen dichtzumachen.

00:18:22: Kontrolle und Souveränität über die Grenzen wieder auszuüben.

00:18:26: Das war ihr Hauptmotiv, warum sie sich von der EU abgewandt haben, unabhängig von der vermeintlichen behaupteten Regulierungsvote.

00:18:34: Und das ist nicht so gekommen.

00:18:37: Im Gegenteil, wir sehen eben eine ungeheure Welle an illegale Immigration.

00:18:42: Wir leben legale Immigration, allerdings nicht aus der alten EU.

00:18:47: Der ist mir nicht mehr dabei, sondern das Alten anderen Ländern, Ländern das ebenal in Commonwealths.

00:18:52: Und das schürt in Verbindung mit der spürbaren Wirtschaftskrise, hohe Inflation, abnehmende Reallöhne, eine großes Maß an Unzufriedenheit.

00:19:02: Und der Profiteur ist die Alternative von rechts.

00:19:06: Das ist nicht die Konservativen, denn viele sagen, ihr habt ja den ganzen Schlamassel mit verursacht.

00:19:11: Wir sehen das ja auch in anderen Staaten.

00:19:12: Welche Folgen hat das denn für die Stabilität in Europa?

00:19:15: Na ja, wenn die großen Staaten im Zentrum erodieren.

00:19:20: Jetzt tun wir mal für eine Sekunde so, als rechne ich auch das feinliche Königreich zum Orbit der EU.

00:19:27: ist nicht ganz sauber, aber wir versuchen ja wieder beide Seiten versuchen wieder ein relativ enges vernünftiges kooperatives Verhältnis herzustellen.

00:19:36: Wenn die großen Parteien der Mitte schwach werden, gibt es schwache Regierungen, es gibt Minderheitsregierungen, die können in Ländern wie in den skandinavischen Ländern, in denen es eine Tradition von Minderheitsregierungen gibt, funktionieren.

00:19:48: Ich halte das für die großen Länder für eine einen Schmaren, wie die Bayern sagen würden.

00:19:54: Zu Glauben mit der Heizregierung könnten die großen Aufgaben, die vor uns stehen.

00:19:59: Also drastische Erhöhung der Verteilung des Haushalters, Wettbewerbsfähigkeit, hohe Investitionen in die Wirtschaft, demografischer Wandel, eine Modernisierung des Sozialstaats, das heißt, irgendwann doch eben Kürzung.

00:20:13: Wie gesagt, das sind globale Phänomene, große geopolitische und geoeconomische Phänomene wirken zusammen.

00:20:21: Und die Profiteure sind die auf der rechten Seite.

00:20:23: Migration, Wirtschaftsmales und so weiter.

00:20:27: Du beobachtest ja das, was wir als westliche Welt definiert haben schon seit einiger Zeit und ich nehme bewusst die USA auch mit rein.

00:20:33: Wie düster ist die Lage jetzt in deiner Ansicht nach?

00:20:37: Man sollte, glaube ich, immer im Auge haben, dass das, was ich gerade gesagt habe, für eben auch die ganz, ganz großen Geld.

00:20:46: Also dieser große Strukturwandel, dieser Erpochenwandel.

00:20:51: auf vielen Gebieten, denen wir erleben, das kann ja nicht ohne Konsequenzen bleiben.

00:20:55: Es gibt große demografische, soziale, kulturelle, ökonomische Umbrüche und das hat Konsequenzen.

00:21:01: Und wenn die Politik nicht in der Lage ist oder es ignoriert oder diese Wandlungsprozesse Veränderungen ignoriert oder nur halbherzig angeht, weil sie nicht die Kraft hat oder nicht den Willen oder wenn sie ideologisch anders gepolt ist, dann irgendwann kommt dann der Hammer.

00:21:18: Und in Amerika hieß der Hammer Donald Trump.

00:21:21: Im Vereinigten Königreich hieß der Hammer Brexit.

00:21:24: In der Hand hielten ihn Boris Johnson und Nigel Farage.

00:21:28: In Frankreich ist es Japan und die Ganzrechten und auf der Linken die Linksextremisten.

00:21:34: In Italien haben wir dasselbe.

00:21:36: Die große Sorge ist natürlich, dass das Land in der Mitte Europas, Deutschland jetzt von einer schwachen Ampelregierung in einer Man muss es so sagen, vergleichsweise nicht viel stärkere große Koalition weitergeleitet wird und die Aufgaben, die von draußen unabweisbar auf uns kommen, unabweisbar auf uns kommen, mit den Themen, die impolitisch nicht hinreichend gut und effizient erledigt werden, das macht mir Sorge.

00:22:01: Vielen Dank für den Überblick, Klaus.

00:22:03: Danke.

00:22:06: Schauen wir jetzt nochmal auf die Akteure, die da in London im Spiel waren.

00:22:09: Wer gibt den Takt, wer eskaliert die Erregung, wer liefert Deutung, wer erzeugt Anschlussfähigkeit und wer zieht besonders politisches Kapital daraus.

00:22:18: Meine Kollegin Marie Löhnstein hat sich dafür einem ganz besonderen Quartett plus eins gewidmet.

00:22:31: Nummer

00:22:32: eins,

00:22:33: der Trommler.

00:22:37: Tommy Robinson.

00:22:38: Ein kleiner, gedrungener Mann mit Stiernacken und starkem Akzent der Arbeiterklasse seiner Heimatstadt Luten.

00:22:46: Mit zwölf wurde ich rassistisch angegriffen auf dem Heimweg vom Schwimmbad von einer pakistanischen Gang.

00:22:51: Sie nannten mich Weißes Schwein.

00:22:53: Mein

00:22:53: Freund musste sein Mütze abziehen, dann haben sie uns ins Gesicht gespuckt und geschlagen.

00:23:00: Schlüsselmomente für den Jungen, der damals noch Steven Youngsley Lennon heißt.

00:23:04: Das Pseudonym Tommy Robinson nimmt er erst Anfang zwanzig an.

00:23:09: Als Omage an eine Lokalberühmtheit aus der Hooligan-Szene, in der auch er sozialisiert ist.

00:23:14: Robinson ist dreifacher Vater, Klempner und Sonnenstudiobesitzer.

00:23:18: In seiner Freizeit prügelt er sich mit anderen Hools und engagiert sich auch zunehmend politisch.

00:23:24: In dem Jahr hat er die Englisch-Defense-League kurz EDL.

00:23:28: Eine Bewegung, die sich gegen Einwanderung und eine vermeintliche Islamisierung Großbritanniens positioniert.

00:23:38: Erst mit Demonstrationen, dann mit immer radikaleren Methoden.

00:23:43: Zwei-Ton-Dreizien distanziert sich Robinson von der IDL, kandidiert erfolglos fürs Europaparlament und verdient schließlich als Blogger, Videojournalist und Autor der rechten Szene gutes Geld.

00:23:53: Fünfmal sitzt er im Gefängnis, wird wegen Hetze, Körperverletzung und Betrug verurteilt.

00:23:59: Seinem Image nutzt das nur, denn er inszeniert sich gern als Opfer des Systems, als Held der Meinungsfreiheit.

00:24:05: Dafür hat er prominente Unterstützung aus dem Ausland.

00:24:08: und damit zu Nummer zwei im Quintet, der Digitale Katalysator.

00:24:14: Elon Musk.

00:24:16: Er verhilft Robinson zum Comeback, indem er seinen Twitter-Account entsperrt und seine Freilassung fordert, wenn Robinson mal wieder einsitzt.

00:24:25: Auch beim vorläufigen Höhepunkt von Robinsons Karriere, den Protesten im September, ist Musk dabei, zugeschaltet per Videocall.

00:24:32: Es muss massive Reformen in England geben.

00:24:38: Und das Volk muss die Macht haben.

00:24:40: Nicht irgendwelche Bürokraten, denen alles egal ist.

00:24:45: Auch von der Partie, die Nummer drei im Quintet, der Intellektuelle.

00:24:50: Der Franzose Erik Semur.

00:24:52: Sein Auftreten im Gegensatz zu Robinson, kontrolliert und nüchtern, spitzes Gesicht mit suffisantem Lächeln, schwarzer Anzug mit Schlips.

00:25:00: Semur zeigt sich gerne bürgerlich, doch auch er, ein mehrfach verurteilter Straftäter.

00:25:05: Erich Zemur, kondamné à dix mille euros d'amande pour provocation à la haine et injure raciale.

00:25:10: Wegen Anstiftung zum Rassenhass und Volksverhetzung.

00:25:12: Dabei ist er selbst so'n jüdischer Einwanderer aus Algerien.

00:25:16: Er wächst in einem Pariser Vorort auf, bevor er an der Elite Universitation Po studiert.

00:25:21: Es folgt eine steile journalistische Karriere, zuerst bei konservativen Zeitungen, später auch im Fernsehen.

00:25:27: Als Chefkommentator beim Debatten-Sender CNews punktet er mit provokanten Thesen und hohen Einschaltquoten.

00:25:33: Von dort gelingt ihm dann der Sprung in die Politik.

00:25:39: Rückeruberung und Kandidiert für die Präsidentschaft.

00:25:42: Er scheitert, doch seine zentralen Anliegen bleiben gleich.

00:25:45: Und die verbinden ihn mit der britischen Rechten.

00:25:47: Auch er, Gast bei der United Kingdom Demonstration.

00:25:52: Wir sind, sie und wir, demselben Prozess der großen Verdrängung ausgesetzt.

00:25:58: Der Verdrängung der Europäer durch Völker aus dem Süden und der muslimischen Kultur.

00:26:02: Sie und wir werden von unseren ehemaligen Kolonien kolonisiert.

00:26:08: Und auch ein Deutscher fehlt im rechten Quintett nicht.

00:26:11: Nummer vier, das Vorbild.

00:26:14: Peter Bistron von der AfD.

00:26:18: Die AfD war vor zehn Jahren eine sehr kleine Partei.

00:26:21: Ihr Abgeordneter, der heute hier ist, hat mich im Gefängnis besucht.

00:26:25: Wir haben seit vielen Jahren Kontakt.

00:26:27: Und als er hereinkam, setzte er sich und sagte, Tommy, München gehörten mir.

00:26:33: Vor allem jahrzehnt undenkbar.

00:26:35: Das zeigt, was passieren kann.

00:26:39: Was die AfD geschafft hat, das können wir auch, sagt Robinson, und symbolisch dafür sein.

00:26:44: Gast Peter Bistron.

00:26:45: Auch er, ein Einwanderer.

00:26:47: Bistron flieht Ende der Achtziger Jahre aus der Tschechlis-Lovakai, studiert in München und betreibt dort unter anderem eine Werbargentour.

00:26:54: Zur AfD kommt er Zwei-Ton-Dreizehn und steigt schnell zum Landesvorsitzenden auf.

00:26:59: Wegen seiner Nähe zur identitären Bewegung beobachtet ihn dabei Zeitweise der Verfassungsschutz.

00:27:04: Zwei Tausend Siebzehn gelingt ihm dann der Sprung in den Bundestag.

00:27:08: Auf seiner Abschiedsrede in Bayern kommentiert er noch eine umstrittene Forderung seines

00:27:12: Parteichefs.

00:27:24: Gemeint die türkischstämmige Integrationsbeauftragte des Bundes.

00:27:28: Ende im Jahr wird es jedoch holprig für Bistron.

00:27:31: Der Bundestag,

00:27:31: später auch das EU-Parlament, in das er weiterzieht, hebt seine politische Immunität auf.

00:27:36: Der Vorwurf – Korruption.

00:27:38: Er soll Gelder für pro-russische Propagande angenommen haben.

00:27:42: Bistron streitet ab, bleibt Abgeordneter und kämpft weiter für den Rechtsrück in Europa.

00:27:47: Auch auf der Demo in London.

00:27:55: Eure Feinde sind unsere Feinde, weil euer Kampf unser Kampf ist.

00:27:59: Wir wollen nicht, dass unsere Töchter und Schwestern vergewaltigt werden und unsere Brüder und Freunde niedergestochen werden, wenn sie sich verteidigen.

00:28:08: Sie sagen uns, wir können die Einwanderung nicht stoppen.

00:28:11: Ach komm, ihr habt die spanische Armada aufgehalten.

00:28:14: Ihr könnt ein paar Gummibote aufhalten.

00:28:16: Da bin ich mir sicher.

00:28:23: Nur einer fehlt bei der Großdemonstration, und zwar ausgerechnet derjenige, der aus den Bildern vermutlich das größte politische Kapital schlagen wird.

00:28:31: Nr.

00:28:31: Fünf, der Nutz-Snießer.

00:28:35: Nigel Farage.

00:28:36: Sie sind hoch

00:28:37: in den Polen,

00:28:38: übernehmen den Ruling-Laborpartei.

00:28:40: Es ist die Frage, die das Land fragt,

00:28:44: ob

00:28:44: Nigel Farage ever Prime Minister ist.

00:29:02: Politisch ließ sich Verarsch erst den Tories an, gründet dann aber bald eine eigene Partei.

00:29:07: Seine UKIP setzt sich schon ab Anfang der Neunzigerjahre für den Brexit ein.

00:29:32: Aber lassen Sie mich was Witziges sagen.

00:29:34: Er wird sehr populär.

00:29:38: Der Brexit ist durch.

00:29:39: Jetzt kommt Corona und ein ständiges Auf- und Ab mit Premierminister Johnson.

00:29:43: Farage verschwindet derweil von der politischen Bühne, verdingt sich als Anlageberater, TV-Moderator und Reality-Showstar.

00:29:50: Doch mit Johnsons Rücktritt, und der damit verbundenen Krise der Tories gelingt ihm und Reform UK, wie seine Partei inzwischen heißt, ein Comeback.

00:30:08: Warum?

00:30:09: Weil die Bevölkerung ansteigt.

00:30:11: Dasselbe gilt für Probleme im Gesundheitssystem.

00:30:13: Staub, die Infrastruktur.

00:30:15: Das hat einen großen Effekt auf das Leben der Menschen, auf ihre Lebensqualität.

00:30:20: Und hier will niemand darüber sprechen.

00:30:25: Besonders von der wachsenden Unzufriedenheit über die Migrationspolitik der Labour-Regierung, kann Farage seitdem profitieren.

00:30:31: Und damit auch von Bewegungen wie United the Kingdom, die nicht parteipolitisch organisiert sind.

00:30:37: So kommentiert Farage die Veranstaltung im Anschluss.

00:30:42: Wenn es Mast darum geht, aufzustehen für Meinungsfreiheit, wenn es darum geht, in Wahlen die etablierten Parteien zu stürzen, dann ist das genau der Kampf, den wir kämpfen.

00:30:55: Aktuelle Umfragen sehen Farage erstmals vor Labour-Premierminister Starmer.

00:30:59: Und damit steht Großbritanniens seit über einhundert Jahren unangetastetes Zwei-Parteinsystem möglicherweise an einem Wendepunkt.

00:31:10: Jetzt wollen wir einen Schritt zurücktreten und die Muster dahinter verstehen, wie organisieren und inszenieren sich rechte Bewegungen heute und welche neuen Qualitäten sehen wir und was bedeutet das auch für England und darüber hinaus.

00:31:22: Dazu spreche ich jetzt mit Julia Ebner.

00:31:24: Sie ist eine der profiliertesten Analystin zu extremistischen Bewegungen und auch zu digitaler Radikalisierung.

00:31:30: Sie leitet das Violent Extremism Lab an der University of Oxford.

00:31:34: und ist Co-Geschäftsführerin des Institute for Strategic Dialog.

00:31:37: Herzlich willkommen hier im Podcast.

00:31:39: Guten Tag, hallo.

00:31:40: Bevor wir so richtig ins Gespräch einsteigen, helfen Sie mir bitte noch mal, die Begriffebene sauber zu ziehen.

00:31:46: Wie unterscheiden wir am besten?

00:31:48: Rechts, rechtskonservativ, rechtspopulistisch, rechtsradikal und rechtsextremen?

00:31:53: Es ist immer ein heikles Thema, weil natürlich diese Definitionen auch nicht endgültig abgeklärt sind.

00:31:58: Beziehungsweise ist es keinen Konsens gibt, weder in der Wissenschaft noch in der Politik.

00:32:03: Wir definieren rechtsextremen beim Institute for Strategic Dialogue als basierend auf einer sehr starken Außengruppe-Demonisierung oder sogar einem Hass, der sich gegen eine Außengruppe richtet, wo man eventuell diese Feindgruppe auch entmenschlicht und das dann auch oft anhergeht mit Gewalt, Befürworterung bzw.

00:32:23: sehr radikalen Verschwörungsideologien.

00:32:27: Aber grundsätzlich würde ich sagen, ist es ein Spektrum, das sehr oft rechts, also wo man rechts konservativ eventuell beginnt, aber nicht notwendigerweise sich dann weiter radikalisiert nach rechts außen.

00:32:40: Also wir sehen auch, dass es wichtig ist, gerade bei Protestbewegungen und Demonstrationen hier ganz klar auch differenziert.

00:32:48: unsere Formulierungen zu gestalten, weil natürlich auch Menschen teilweise mitlaufen, die noch nicht sich radikalisiert haben oder die vielleicht aus unterschiedlichsten Beweggründen sich der Demonstrationen angeschlossen haben und noch nicht identifizieren mit rechtsextremen Ideologien.

00:33:04: Mich würde noch interessieren, nehmen Sie wahr, dass mehr über diese Begriffe gestritten wird?

00:33:08: Absolut.

00:33:09: auch weil es jetzt eine sehr starke Bewegung und Veränderung aus den USA herausgibt, vor allem auch in Großbritannien, wo auch sich zum Beispiel die konservativen Parteien zum Teil mehr an Rechtsaußen orientiert haben in ihrer Rhetorik und auch in ihrer, also vor allem in der Rhetorik rund um Immigration, aber auch rund um andere Themen, aber auch in ihrer Politik.

00:33:32: Da sehen wir, dass es mehr auch Streit um die Definitionen gibt.

00:33:37: Und natürlich, was Trump betrifft, in den USA wird sehr viel auch diskutiert, ab welcher Abstufung in sozusagen dieser Trumpist-Ideologie kann man auch von rechtsradikal oder sogar rechtsextrem sprechen.

00:33:52: Ist das Make America Great Again?

00:33:55: Movement, also die Magerbewegung, ist die schon per se rechtsextrem, ist sie recht radikal oder sitzt sie einfach am ganz ganz paleokonservativen Ende des Spektrums.

00:34:05: Sie beobachten die Szene jetzt schon seit Jahren, wenn sie auf die letzten Wochen in England schauen, hat sie da persönlich was überrascht?

00:34:11: Was mich schockiert, nicht nur denn ich weiß, was überrascht hat, war wie stark mittlerweile diese Teilweise diese Narrative und diese Ideologien und sogar das Vokabular, dass wir aus den ganz extremen Ecken kennen, egal ob das jetzt die extremsten Ecken im Internet sind oder Straßenbewegungen wie die English Defense League, die von Tommy Robinson gegründet wurde, dass die mittlerweile bis in die Mitte der Gesellschaft durchgedrungen sind.

00:34:36: Und eben hier zu einer Massenbewegung geführt haben, die sich auch in Form dieses Protests in London gezeigt hat bei der United Kingdom Demonstration.

00:34:47: und die auch immer stärker zu spüren ist in den sozialen Medien, dass es also hier ein Mainstreaming gibt von diesen Randideologien.

00:34:55: Ich habe mir selbst in meinem Buch Massenradikalisierung auch schon genauer angesehen vor ein paar Jahren, wie sich diese Konzepte immer mehr in der Sprache der Mitte auch zeigen und wie sie immer mehr auch, ja, bis in die Politik und in Parlamente und in große Straßenbewegungen vorrücken.

00:35:11: Sie waren für ihr anderes Buch The Rage Mitte der Zeit in Zehnerjahre unter anderem auch in genau der Englisch-Diefrens-League unterwegs.

00:35:20: Wie wurde früher anders kommuniziert?

00:35:22: Wie wurde früher anders gearbeitet?

00:35:24: Die Kommunikation und auch die Kampagnen haben sich enorm weiterentwickelt und ich würde sagen auch die Art und Weise, wie bestimmte Ideologien Fuß fassen, das hat sich sehr stark verändert und das bedeutet auch, dass Bewegungen entstanden sind, die ganz andere Zielgruppen ansprechen können, die nicht mehr nur aus Football-Hooligans und den ganz radikalen Rechtsextremisten besteht, die man in der Englisch-Defense-League vorfinden konnte.

00:35:50: Ich bin damals mitgelaufen an der Cover bei einer der Demonstrationen im englischen Ort Telford, wo sie gegen Grooming-Gangs, also gegen so vergewaltige Gangs, angeblich von Muslimen, demonstriert haben.

00:36:03: Und da war, das war eine Atmosphäre, die ... sehr stark dominiert war von Footballholigens, zum Teil auch Gewalttätigen, sehr klar erkennbaren Rechtsextremisten.

00:36:15: Mittlerweile sieht das ganz anders aus und auch Tommy Robinson hat sich sehr stark weiterentwickelt, hat Eine Vielzahl an Followers dazugewonnen.

00:36:24: in den letzten sieben bis zehn Jahren hat auch mittlerweile eine große internationale Followerschaft bis nach Deutschland, wo er viel mit der Pegida-Bewegung zusammengearbeitet hat bzw.

00:36:35: vor Ort bei Demonstrationen.

00:36:36: Damals war bei Pegida, um auch von ihnen zu lernen.

00:36:40: Er hat aber auch in den USA große Spenden von Rechten und auch ganz paleokonservativen Ecken kommen.

00:36:48: und genießt mittlerweile eine Followerschaft von eins, sechs Millionen auf X. Und natürlich die Unterstützung von dem mächtigsten oder zumindest finanziell mächtigsten Menschen Elon Musk.

00:36:59: Den kommen wir auch gleich noch zu sprechen.

00:37:01: Mit da rein spielt ja auch, was ich am Anfang der Folge gespielt habe, nämlich den Appell von Tommy Robinson an seine Anhänger.

00:37:07: Er appelliert an gutes Benehmen, keine Vermummung, sagt sogar Familienfreundlichkeit, Kinder sind da.

00:37:13: Ist es eine allgemeine Entwicklung in der rechten Szene?

00:37:16: Auf jeden Fall.

00:37:17: Die rechtsextreme Szene hat in den letzten Jahren sich enorm weiterentwickelt und ist vor allem auf ihr Image sehr stark fokussiert.

00:37:27: Es gab auch einen Wandel, wo man sehr stark sich darauf konzentriert hat, wie kann man nach außen hin möglichst legitim erscheinen?

00:37:34: Wie können wir auch Frauen für die Bewegung gewinnen?

00:37:37: Es gab dann sogar Videos, die von Frauen erstellt wurden, von Frauen aus der rechten Szene.

00:37:42: Wie kann man die eigene Frau oder Freundin redpillen, also sozusagen überzeugen von rechten Narrativen und Ideologien?

00:37:50: Und auch dieser Fokus zum Teil auf Sprache, die eigentlich Eher, würde ich sagen, aus liberal progressiven Ecken kommt zum Beispiel Freiheit, Menschenrechte, Demokratie.

00:38:02: Das sind alles Begriffe, die mittlerweile auch gekapert wurden von teilweise Rechtsaußen, teilweise Rechtsextremen, Influenzern und Bewegungen.

00:38:10: Tommy Robinson ist ein ganz typisches Beispiel dafür.

00:38:13: Er verwendet sehr oft genau diese Sprache, die die zum Teil auch dann vertret wird.

00:38:18: Wir

00:38:18: hätten über die Großdemonstration in London in den deutschen Medien vielleicht größer diskutiert, wenn ich das Attentat auf Charlie Kirk dazwischen gekommen.

00:38:25: Auch da gab es eine große Inszenierung.

00:38:28: Es ist jetzt schwierig, das zu vergleichen, aber ich versuch's mir trotzdem.

00:38:32: Das ist ja auch eine Großveranstaltung gewesen.

00:38:34: Warum sind diese Großveranstaltungen so unglaublich wichtig und vielleicht auch wirksam?

00:38:40: Charlie Kirk hat ein extrem starkes Trauma erzeugt, also die Mordung von Charlie Kirk hat ein sehr großes Trauma erzeugt unter Rechtskonservativen und generell, ich würde sagen, der gesamten Rechtenbewegung in den USA, aber auch international.

00:38:58: Und das Ganze hat noch stärker zu einer Mobilisierung beigetragen.

00:39:03: Es ist eine ganz erschreckende Dynamik dieser Polarisierung, die ja auch zu Gewalt führt, die aber dadurch auch fortgesetzt wird durch diese Empörungswelle und die Mobilisierungswelle, die jetzt auf der rechter Seite zu sehen ist, wo auch rechtsextreme Bewegungen diese Ermordung für sich ausnutzen und instrumentalisieren.

00:39:23: Das bedeutet, dass diese Polarisierung und auch dieser wechselseitige Hass sich weiter zuspitzt.

00:39:30: und ist deswegen eine sehr gefährliche Dynamik.

00:39:32: Charlie Kirk's Ermordung wurde auch von Tommy Robinson und von Elon Musk angesprochen bei der Demonstration in London und ist auch ein Einpunkt, der dazu beigetragen hat, dass sie auch im letzten Moment noch mal stärker sich mobilisieren konnten und Menschen davon überzeugen konnten, dass es wichtig ist, in die Straßen zu gehen.

00:39:53: In dem Zusammenhang haben wir auch gesehen, dass es unglaublich schwierig ist.

00:39:57: vor allem für die linken Kräfte oder Mitte bis links, eine Gegenposition zu beziehen, ohne Zynis zu wirken und vor allem dann, wenn dieses normale, in Anführungszeichen, Täter-Opfer-System nicht funktioniert.

00:40:12: Es ist enorm schwierig.

00:40:14: Man kann natürlich hervorheben, dass die allermeisten Anschläge, egal ob das jetzt gegen Politikerinnen, Politiker oder gegen Aktivistinnen, Aktivisten oder gegen Zivilisten war, in den letzten Jahren sowohl in den USA als auch in Europa von Rechtsextremisten.

00:40:30: Durchgeführt wurden, aber natürlich besteht auch eine Gefahr auf linksextremistischer Seite.

00:40:35: Die Ergebnisse von Studien zeigen, dass es auch eine größere Gewaltbereitschaft gibt.

00:40:40: auch auf links extremer Seite, zumindest in den USA, jetzt auch im Zuge der gesamten politischen Entwicklungen.

00:40:46: Und ich denke, das muss man ernst nehmen, während man trotzdem auch nach wie vor natürlich nicht einer Meinung sein muss mit den Dingen, die Charlie Kirk gesagt hat.

00:40:56: Also ich denke, ich bin nicht in einem einzigen Statement mit Charlie Kirk einer Meinung.

00:41:01: und trotzdem auf menschlicher Ebene finde ich, also natürlich diese Ermordung ganz furchtbar.

00:41:06: Er war ein junger Vater von zwei Kindern.

00:41:09: ganz einfach auf menschlicher Ebene etwas, was man verurteilen sollte und wo man sich auch klar distanzieren muss, auch wenn man linksliberal ist, denke ich, muss man sich klar distanzieren von den Aufrufen zu mehr Gewalt oder von der Glorifizierung von Gewalt.

00:41:25: Was jetzt im Moment extrem wichtig ist, ist, dass es mehr Dialog gibt und auch ein Durchbrechen dieser Polarisierungsspirale.

00:41:34: Und selbst wenn ich inhaltlich mit nichts beeinstimmen, was Charlie Kirk gesagt hat, denke ich, ich hatte doch die richtigen Methoden verwendet, nämlich Debatte und Dialog.

00:41:42: Und das ist was, wo ich denke, das ist da natürlich ganz andere rechtsextreme Influencer und Akteure gibt, die viel radikalere Methoden verwenden.

00:41:52: Unter anderem übrigens auch Tommy Robinson, der mich auch selbst mal besucht hat in meinem Büro und das ganze live gestreamt hat, also hier komplett Grenzen überschritten hat, wo das ganze zu einer riesigen Hass- und Drohungsspirale geführt hat und ich dann plötzlich Haus wechseln musste und meinen ersten Job verloren habe.

00:42:12: Ich war Anfang zwanzig, als Tommy Robinson da aufgetaucht ist in meinem ersten Job, in meinem ersten Büro und mich bedroht hat.

00:42:20: Und das... Er jetzt den Vorwand der Meinungs- und Redefreiheit verwendet, wo er seine Opposition oder seine, aus seiner Sicht, Feinde, ich würde mich nicht als Feind sehen, aber seine Gegner versucht, Mundtot zu machen und systematisch einzuschüchtern und zu bedrohen.

00:42:39: Das ist schon ganz schön, ja, schockierend, denke ich, dass er es schafft, hier so viele Menschen zu mobilisieren, obwohl er so radikale Methoden verwendet.

00:42:48: Und der Begriff der Meinungs- und Redefreiheit der ist einer, den wir nicht Tommy Robinson zusprechen sollten, denke ich.

00:42:55: Auf jeden Fall nicht, da bin ich ganz bei Ihnen.

00:42:57: Ich stelle mir so ein bisschen nach noch die Frage, wie müssen wir die Machtverteilung zwischen diesen Einzelakteuren und der Bewegung als Ganzes ziehen?

00:43:07: Einzelakteure und vor allem große Influencer in der Szene wie Tommy Robinson haben eine ganz disproportionale Machtposition, weil sie es schaffen, Gesamte Segmente der Bevölkerung mittlerweile mit sich zu reißen.

00:43:22: Und weil sie vor allem in den Algorithmen teilweise mit ihrer Rhetorik bevorzugt werden, vor allem wenn man sich Ex anschaut, werden die Inhalte systematisch nach oben befördert von Tommy Robinson und auch von ähnlichen Influencern.

00:43:34: Das ist nicht auf allen Tech-Plattformen eins zu eins gleich, da ist Ex schon nochmal auch eine Besonderheit.

00:43:40: Aber es ist grundsätzlich ein Phänomen, das sich auf den unterschiedlichsten Tech-Plattformen und sozialen Medien zeigt.

00:43:47: kale Inhalte vor allem von solchen großen Influencern rechts außen besonders stark priorisiert werden und dass die Algorithmen leider ein sehr unfaires Spielfeld darstellen, auch hier wieder das Fragezeichen hinter Rede und Meinungsfreiheit, die ja oft verwendet wird, um gegen Tech-Regulierung Stimmung zu machen.

00:44:07: Derzeit ist es Das Spiel fällt in den sozialen Medien oder online kein Faires und garantiert nicht Redefreiheit, weil leider die Stimmen der radikalen Akteure eben priorisiert werden und deutlich mehr Aufmerksamkeit bekommen, als die von zentralen Stimmen der Mitte oder weniger radikalen Inhalten.

00:44:27: Wir haben versucht, die Figuren, die rund um diese Großdemo in London eine Rolle gespielt haben, so ein bisschen spielerisch zu fassen und haben ihnen Rollen zugeschrieben, wie in so einem Spielkartendecke, beim Quartett vielleicht zum Beispiel.

00:44:40: Ich würde gerne mit ihnen die einmal durchgehen.

00:44:42: Sie können uns gerne natürlich auch in unseren Begriffsbezeichnungen kritisieren.

00:44:46: Mich würde interessieren, ob das wirklich so Muster sind, die sich durchziehen.

00:44:50: Gerne, ja.

00:44:50: Also fangen wir an mit Tommy Robbins in der Trommler.

00:44:52: Der Trommler, also ja, er ... Er trommelt, er ist sehr laut zu hören, er ruft auch mit seinem Trommeln zu mehr Mobilisierung auf und gewinnt Follower für sich.

00:45:04: Er macht auch oft provokante Dinge, also trommelt besonders laut, um gehört zu werden, um auch von den Medien Aufmerksamkeit zu bekommen.

00:45:13: Ich denke, was beim Trommeln noch nicht so ganz hervorkommt, ist der Opportunismus, den man Tommy Robinson auch zuschreiben kann.

00:45:20: Ich bin mir gar nicht sicher, warum er eigentlich trommelt.

00:45:23: Also ich hab das Gefühl, er trommelt aus reinem Opportunismus, um vielleicht möglichst viel Geld zu machen oder möglichst berühmt zu werden.

00:45:31: Er trommelt nicht, weil er das so gerne tut oder weil er so überzeugt vom Trommeln an sich ist.

00:45:35: Dann haben wir Elon Musk, den haben wir mal den digitalen Katalysator genannt.

00:45:39: Ja, absolut seh ich.

00:45:40: Seh ich so, ja.

00:45:41: Also er hat mit seiner strategischen Entscheidung Twitter zu kaufen, jetzt ex enorm viel digitale Macht dazu gewonnen, zusätzlich natürlich zu seiner finanziellen oder monetären Macht und dann auch seiner politischen Macht, die er kurzfristig zumindest in Trumps Regierung genossen hat.

00:46:01: Digitaler Katalysator würde ich auch auf jeden Fall so sehen.

00:46:05: unterstützt teilweise sehr subtil, manchmal auch nicht so subtil, aber teilweise sehr subtil, Kampagnen von rechts außen, die teilweise auch sehr radikale Inhalte pushen, kann so auch Einfluss nehmen auf die zumindest den Diskurs im Vorfeld von Wahlen oder von strategisch wichtigen Momenten.

00:46:22: Also hat absolut eine Katalysator oder eine Verstärkungsrolle, wenn es um rechtsextreme und auch rechtspopulistische Bewegungen geht.

00:46:31: Dann haben wir Peter Bistron, wir haben ihn mal das Vorbild genannt, bin ich gespannt, was Sie dazu sagen.

00:46:35: Ja, Peter Bistron ist das Vorbild, ich denke vor allem, weil er oft so dargestellt wird, als derjenige, der es geschafft hat, auch bis zu einem gewissen Grad dieses Mainstreaming von rechten Ideen voranzutreiben.

00:46:49: Auch natürlich mit der Popularität der AfD und auch seiner Rolle hier vor allem im... in der Legitimität für sehr rechte Ideologien und Narrative.

00:47:03: Also in dem Sinne auf jeden Fall hat er genießt eine Vorbildwirkung in der weiteren oder größeren rechten und rechttradikalen Szene.

00:47:10: Und dann haben wir noch last but not least Nigel Farage, also den haben wir den Nutznießer genannt.

00:47:17: Den Nutznießer.

00:47:18: Das hat ja jetzt dann doch wieder ein bisschen was von von diesem Opportunismus, dem ich eigentlich Tommy Robinson auch zugeschrieben habe.

00:47:26: Ich denke, das ist bei Farage schon auch ähnlich und er zieht vor allem, also er verwendet vor allem die politischen Frustrationen, die Ängste der Bevölkerung für seine eigenen Zwecke.

00:47:39: Also das würde ich auf jeden Fall so sehen, auch aus der Kampagne Breaking Point, die er vor dem Brexit-Referendum durchgeführt hat.

00:47:49: Die hat sehr klar diese Ängste in der größeren, in der weiteren britischen Bevölkerung ausgenutzt und für seine politischen Zwecke verwendet.

00:47:57: Also diese Idee, dass da massenhaft Immigranten vor der Tür stehen und dass man die aufhalten muss und man macht mit allen Mitteln und Methoden und selbst wenn es ganz unter die Gürtellinie geht, hier mit um oder hier ist hier ganz vorne dabei teilweise auch in der Dämonisierung von ganzen Menschengruppen, um für sich das Maximum zu erzählen bei den nächsten Wahlen.

00:48:20: Das, denke ich, wird auf jeden Fall auch für National Trust zutreffen.

00:48:24: Migration ist ja das große Thema gerade in England.

00:48:26: Die großen Bilder auch für Social Media entstehen ja bei der illegalen Einwanderung.

00:48:30: Aber die legale Einwanderung ist ja auch ein Problem.

00:48:35: Gerade im Moment jetzt generell Stimmung gemacht gegen Migration, egal ob das illegale Migration ist oder legale Migration, weil die Einwanderungszahlen für viele Menschen zu hoch wirken.

00:48:47: Und sie sind auch tatsächlich angestiegen in den letzten paar Jahren und es gibt jetzt auch von der Reform UK-Partei ansatzweise politische Vorschläge, die zum Beispiel Menschen, die schon länger in Großbritannien sind, auch die Möglichkeit entziehen sollen, sich als permanente Einwohner zu registrieren oder diese Permanent Residence zu bekommen.

00:49:10: Das betrifft nicht nur illegale Einwanderer, sondern das betrifft natürlich vor allem legale Einwanderer, zum Teil auch aus EU-Regionen, also vor allem, würde ich sagen, aus EU-Ländern, wo Millionen von Menschen hier von betroffen werden, wenn das so durchgeführt würde.

00:49:27: Unter Boris Johnson sind ja auch viele legale Immigranten nach England gekommen.

00:49:32: Ist es nicht zynisch, dass jetzt das, was Boris Johnson verbockt hat, ausgerechnet Nigel Farage nutzt?

00:49:36: Ja, da ist eine gewisse Ironie dabei, dass Nigel Farage jetzt genau das ausnutzt, was eigentlich Boris Johnson begonnen hat.

00:49:43: Das sehen wir aber natürlich immer wieder, dass es dieser Widersprüchlichkeit auch gibt.

00:49:48: Und bei Nigel Farage, denke ich, geht sehr stark darum, den Applaus von seinen Followers und seinen Fans zu ernten.

00:49:54: Und alles, was die ganz oberflächlich, die Zahlen der Migration reduzieren kann, selbst wenn das eigentlich gegen die Interessen des Landes ist, also es ginge ja hier auch durchaus um legale Einwanderung von den Großbritannien durchaus profitiert, solange es oberflächlich wirksam ist.

00:50:14: auf politischer Ebene, ist es in Nigel Farage's Interesse.

00:50:17: Wir sehen ja jetzt aber auch trotzdem in anderen Ländern rechte Parteien im Aufwind, obwohl die Einwanderungszahlen rückläufig sind.

00:50:24: Dann ist der Motor für den Erfolg ja aber was anderes, oder?

00:50:27: Das würde ich auch so sehen.

00:50:28: Man erkennt das auch zum Beispiel an Orbans, an Viktor Orbans Ungarn.

00:50:32: Auch da sind, ist die Einwanderung ja wirklich minimal und das schon seit, seit langer Zeit.

00:50:39: Und trotzdem verwendet Viktor Orban diese Antimigrationslinie einfach Aussichtbarkeitsgründen, also um seinen Followers und um auch der Welt weiterhin zu zeigen, wie stark er sich gegen Migration und für die Schließung von Grenzen einsetzt und hat.

00:50:55: dadurch auch, also seine ganze Reputation hängt natürlich auch daran.

00:51:00: Und ich denke, dass sehen wir auch bei vielen anderen rechtspopulistischen Parteien und auch Influencern, die diese Antimigrationslinie verwenden.

00:51:09: um auch eine Antwort zu geben auf ganz andere Unsicherheiten, die in der Bevölkerung auftauchen.

00:51:14: Also auf jede Art von Empörung oder Angst oder Wut kann man eingehen, indem man sagt, das sind eigentlich die da drüben, die euch die Jobs wegnehmen, die zu einer schwierigen präkären Lage in ihren Bevölkerungssegment führen.

00:51:29: Also ich denke, da kann man natürlich immer den Sündenbock suchen und die Antwort darauf ist dann immer Remigration oder Schließung der Grenzen.

00:51:38: Wenn wir jetzt den Blick zum Abschluss nach vorne richten, erwarten Sie jetzt die nächste und die nächste und die nächste Mobilisierungswelle?

00:51:47: Oder gibt es irgendwo eine Chance, dass diese Wellenbewegung runtergeht, dass sich die Lage irgendwie entdramatisiert?

00:51:54: Ich würde es mir sehr erhoffen, dass ... dass vor allem diese Polarisierung sich reduzieren lässt.

00:52:01: Aber ich fürchte, dass vor allem die Dynamiken in den USA auch weiterhin ein Effekt auf Europa und auch auf Großbritannien haben werden.

00:52:09: Und dass, egal was in den USA passiert, das haben wir jetzt auch mit der Ermordung Charlie Kirk gesehen, dass das auch direkt eine Art Kettenreaktion in europäischen Ländern und in Großbritannien auslöst.

00:52:22: Ich denke also daher, dass sich leider auch die gesellschaftliche Spaltung in Europa weiter zuspitzen wird und dass es auch eine stärkere Mobilisierung gegen Institutionen und auch gegen die demokratischen Grundsteine geben wird.

00:52:35: Vielen Dank für Ihre Zeit und für die Klarheit in der Analyse.

00:52:38: Dankeschön.

00:52:41: London hat wieder einmal gezeigt, wie viel Kraft die Straße entfalten kann, wenn klare Feindbilder, einfache Erzählungen und digitale Verstärker zusammenkommen.

00:52:49: Tommy Robinson nutzt die Bühne, Elon Musk schafft Reichweite und internationale Stimmen liefern ihre ganz eigenen Deutungen.

00:52:56: Und Nigel Farage könnte politisches Kapital daraus schlagen.

00:53:00: Ein Widerspruch bleibt.

00:53:02: Die große Aufmerksamkeit gilt der illegalen Migration.

00:53:05: Die Regelung der legalen Zuwanderung ist aber offenbar die größere Herausforderung und die grundlegenden strukturellen Probleme im Land wie die Beschäftigung mit der Migration wahrscheinlich nicht lösen.

00:53:15: Für Großbritannien bedeutet das, Die Mitte muss Vertrauen zurückgewinnen, sichtbare Antworten liefern, ohne Grundrechte aufzugeben.

00:53:22: Und für Europa?

00:53:22: das Phänomen ist nicht britisch, sondern westlich.

00:53:25: Wer die Spirale aus Polarisierung und Empörung durchbrechen will, braucht belastbare Politik, eine ehrliche Sprache und handlungsfähige Regierungen.

00:53:33: Die Frage bleibt, ob die Institutionen schneller sind als die nächste Mobilisierungswelle.

00:53:37: Es wird an vielen Punkten entschieden, nicht nur auf der Straße, sondern auch in der Steuerung von Algorithmen, in den Parlamenten und auch im Alltag der Bürger.

00:53:50: Das war Machtprobe der Auslands-Podcast der FHZ.

00:53:52: Wenn Sie Anmerkungen oder Fragen haben, schreiben Sie uns gerne an podcast.fhz.de.

00:53:58: Alle Hinweise und Weiterführenden links finden Sie in den Schaunots.

00:54:01: Mein Dank gilt Marie Löhnenstein, Matthias Hartmann, Lena Barotzi und Madita Steiner.

00:54:06: Ich bin Michael Götz, danke fürs Zuhören und bis zur nächsten Folge.

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