Karussell der Träume: Maria Judite de Carvalhos Roman „Leere Schränke“ erzählt von den Lebenslügen der Salazar-Diktatur
Shownotes
Gelegentlich gibt es sie noch, die überraschenden Wiederentdeckungen der Literatur, die wunderbaren Bücher, die jahrzehntelang schlummern, von Enthusiasten aufgeweckt und den staunenden Augen der Welt vorgeführt werden. Ein solches Buch ist Gegenstand des heutigen Bücher-Podcasts. Maria Judite de Carvalho, geboren 1921, gestorben 1998, gilt in ihrem Heimatland als bedeutendste weibliche Stimme der portugiesischen Literatur des 20. Jahrhunderts. Über ihr Leben wissen wir wenig, denn sie lebte zurückgezogen und galt als unnahbar. Sie war Journalistin, Erzählerin, vor allem in der kurzen Form, Dichterin und Dramatikerin. Sie verbrachte einige Jahre in Frankreich und fühlte sich der französischen Literatur immer verbunden. Und sie hat einen einzigen schmalen Roman geschrieben, um den es diesmal gehen soll: „Leere Schränke“, erstmals erschienen 1966 und dann aus unerfindlichen Gründen fast vollständig vergessen.
Dieses prägnante Meisterwerk handelt von einer Frau von Mitte dreißig, die lange nach dem Tod ihres Mannes dessen Untreue entdeckt, in eine Lebenskrise gerät und ihrem Schicksal eine neue Richtung geben will. Pointiert und erzähltechnisch meisterhaft schildert „Leere Schränke“ das Schicksal einer Frau im „Estado novo“ der Salazar-Diktatur zwischen Selbstbehauptung, Ausbruchsversuchen und Resignation. Im Bücher-Podcast spreche ich mit der Übersetzerin Wiebke Stoldt über die Raffinessen dieses außergewöhnlichen Romans und über den Lebenshintergrund der Autorin, deren Buch in den letzten Jahren erstmals in zahlreiche europäische Sprachen übrertragen wurde.
„Leere Schränke“ von Maria Judite de Carvalho, aus dem Portugiesischen übersetzt von Wiebke Stoldt, ist bei S. Fischer erschienen, hat 155 Seiten und kostet 24 Euro.
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